Erstmals eine Generalsekretärin? Spekulation über neue nordische Lösung für Nato-Spitze

Brüssel · Mehrere Männer haben bereits offiziell und inoffiziell ihren Hut in den Ring geworfen für die Nachfolge von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Da lässt eine Einladung von Joe Biden an Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen aufhorchen, mit ihm im Weißen Haus über die Nato zu sprechen.

Mette Frederiksen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj während des Skandinavien-Ukraine-Gipfels Anfang Mai in Helsinki.

Mette Frederiksen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj während des Skandinavien-Ukraine-Gipfels Anfang Mai in Helsinki.

Foto: AP/Mads Claus Rasmussen

Als sich die EU-Verteidigungsminister in dieser Woche zwischen den offiziellen Themen am Konferenztisch in Brüssel am Rande auch mit einer immer drängenderen Personalfrage befassten, drang danach noch nichts nach außen. Doch spätestens beim Nato-Gipfel Mitte Juli in Litauen sollte das Bündnis klarer sehen, wer denn Jens Stoltenberg als neuer Generalsekretär nachfolgen soll. Dieser hat bereits zwei Mal verlängert und will im Herbst definitiv nicht mehr weitermachen. Zu dem Kreis von Personen mit Ambitionen gesellte sich zuletzt der britische Verteidigungsminister Ben Wallace, als er bei einem Besuch seines Kollegen Boris Pistorius in Berlin öffentlich bekundete, dass das ein Job sei, den er „mögen würde“.

Nun ist das jedoch mit britischen Männern so eine Sache. Drei Mal stellten sie bereits den Nato-Generalsekretär. Das ist ein Befund, der auch dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte zu schaffen macht. Auch ihm werden Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt. Aber es gab auch schon drei Niederländer an der Spitze des Bündnisses. Seit Stoltenberg klar gemacht hat, dass eine Nachfolgelösung gefunden werden muss, halten sich inoffizielle Erwartungen, dass es nach 13 Männern endlich Zeit für die erste Frau im Topjob sei.

So richteten sich die Blicke etwa auf die estnische Noch-Regierungschefin Kaja Kallas oder die ehemalige britische Premierministerin Theresa May. Gegen May sprach, dass sie ebenfalls wieder aus Großbritannien käme, für Kallas, dass die osteuropäischen Nato-Mitglieder endlich auch einmal prominent vertreten sein wollen. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wurde wiederholt genannt, zumal sie nicht nur das Brüsseler Terrain bestens kennt, sondern auch als ehemalige Verteidigungsministerin beste Voraussetzungen mitbrächte. Doch ob sie das mit ungleich mehr Macht verbundene Amt an der Spitze der Kommission gegen den Posten des Generalsekretärs tauschen mag, wird doch bezweifelt.

So hat eine aktuelle Bekanntmachung des Weißen Hauses in Washington die Spekulationen rechtzeitig vor dem informellen Nato-Verteidigungsministertreffen in der nächsten Woche in Oslo intensiv belebt. „Präsident Biden freut sich, Ministerpräsidentin Mette Frederiksen aus Dänemark am Montag, 5. Juni, im Weißen Haus willkommen zu heißen, um die tiefen und dauerhaften Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Dänemark zu verstärken“, teilte die US-Administration mit. Beide Staatsleute wollten die Bemühungen als Verbündete und enge Partner zur Stärkung der transatlantischen Sicherheit „überprüfen“.

Das lässt sich auch als Signalwort lesen. Denn üblicherweise stellen die europäischen Partner die politische Führung der Nato, die Amerikaner die militärische, aber die USA schauen sich vorher stets genau an, wer denn als Generalsekretär infrage kommt. Gerade in Zeiten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und dem Bemühen, die Nato aus direkten Konfrontationen herauszuhalten, wird der Auswahl dieses Postens besondere Bedeutung beigemessen.

Längst ist Dänemark unter Frederiksens Führung der Kampfjetkoalition zur Unterstützung der Ukraine beigetreten. Die Ausbildung der Piloten beginne schon bald, hieß es aus Stockholm. Dort wird auch angedeutet, dass Dänemark der Ukraine anschließend auch einige F16-Jets liefern werde. Möglicherweise ist Frederiksen dann schon nach Brüssel gewechselt. Gegen die 45-Jährige spricht derzeit vor allem die Abfolge der Persönlichkeiten an der Nato-Spitze. Denn vor dem Norweger Stoltenberg hieß der Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Und auch er kam aus Dänemark.

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