Kanzlerin Merkel im Asylstreit unter Druck EU-Länder wollen mehr Grenzschutz

Berlin/Brüssel · Kanzlerin Merkel hat die Bedeutung besserer Grenzsicherung betont und hofft auf internationale Lösungen. Aus der CSU kommt weiter Störfeuer gegen die Regierungschefin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht angesichts des Streits mit der CSU um die Flüchtlingspolitik massiv unter Druck. Am Sonntag versuchte sie daher bei einem EU-Gipfel im Miniformat, Lösungen mit einzelnen Regierungschefs zu finden. Binnen weniger Tage sollen Absprachen mit einzelnen EU-Ländern gegen das Weiterwandern von Flüchtlingen stehen, wie die CDU-Chefin am Sonntag in Brüssel sagte. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte legte einen eigenen Plan vor, der eine vollständige Abkehr vom bisherigen europäischen Asylsystem bedeuten würde.

CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte Merkel mit einem asylpolitischen Alleingang und ausgeweiteten Rückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze gedroht, sollte sie mit internationalen Absprachen keine wirkungsgleichen Effekte erzielen können. Am Donnerstag beginnt der EU-Gipfel mit allen Staats- und Regierungschefs in Brüssel, bei dem die von der CSU gesetzte Frist endet.

Vor diesem Hintergrund appellierte Innenstaatssekretär Günter Krings (CDU) an Merkel und Seehofer, sich für den Erhalt der Union beider Parteien einzusetzen. „Die Lage ist sicherlich ernst. Denn es geht nicht nur um die Zukunft der Europäischen Union, sondern auch um den Zusammenhalt der deutschen Union zwischen CDU und CSU“, sagte er unserer Redaktion. „Ich gehe davon aus, dass beide Parteivorsitzenden in den nächsten Wochen alles unternehmen werden, um diese Union zu erhalten“, sagte Krings.

Kanzlerin Merkel wies bei dem Sondertreffen von 16 EU-Staaten darauf hin, dass es um die Begrenzung der illegalen Zuwanderung nach Europa, aber auch um das Weiterziehen der Menschen innerhalb der EU gehe. Bis zum EU-Gipfel werde noch keine Gesamtlösung möglich sein. Deshalb gehe es in den nächsten Tagen um bi- oder trilaterale Absprachen, wie man fair miteinander umgehen und einen Ausgleich schaffen könnte, sagte Merkel.

Ihr Fokus liegt bei möglichen Einzelabsprachen auf Ländern, wo besonders viele Flüchtlinge ankommen. Neben Griechenland ist das vor allem Italien. Im Falle deutscher Rückweisungen an der Grenze könnte eine größere Zahl von Flüchtlingen wieder nach Italien gelangen, die dortige rechtspopulistische Regierung hat die Rücknahme aber bereits ausgeschlossen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach sich mit Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez dafür aus, geschlossene Zentren für ankommende Migranten „auf europäischem Boden“ nach den Standards des UN-Flüchtlingshilfswerks zu errichten.

Söder will Kurz im Wahlkampf einladen - aber nicht Merkel

Zugleich erhöhte die CSU-Spitze ihren Druck auf Merkel. Bundesinnenminister Seehofer sagte, er werde sich auch durch die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin nicht von seinen Plänen einer Abweisung von Flüchtlingen an der Grenze abbringen lassen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder erklärte zudem, dass er nicht Merkel in seinen Wahlkampf einladen werde, sondern Österreichs Kanzler Sebastian Kurz – einen scharfer Kritiker von Merkels Asylpolitik. Aus der CDU kamen mäßigende Töne. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) warnte Seehofer davor, Merkel mit einem Alleingang herauszufordern und seine Entlassung zu provozieren.

(mit Material der Nachrichtenagentur dpa)

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