Italiens Regierungschef Letta: Deutschland muss mehr für Europa tun

Valletta · Der italienische Ministerpräsident Enrico Letta fordert von Deutschland mehr Einsatz für Wachstum in Europa. "Wenn es nur Wachstum und Stabilität in Deutschland gibt und der Rest von Europa außen vor gelassen wird, wird das am Ende auch schlecht für Europa sein", sagte Letta am Montag auf einer Pressekonferenz in Valletta mit seinem maltesischen Amtskollegen Joseph Muscat.

Enrico Letta - Italiens neuer Ministerpräsident
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"Deutschlands innere Stabilität ist sinnvoll, solange es zu Wachstum und Stabilität in Europa beiträgt." Die künftige Bundesregierung müsse das berücksichtigen. "Die Hoffnung ist, dass sie auf eine Wirtschaftspolitik setzt, die berücksichtigt, dass die Erholung in Europa auch für Deutschland Priorität hat", sagte Letta.

Italien steckt in der längsten Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird vorgeworfen, durch ihr Beharren auf einen strengen Sparkurs eine Mitschuld an der Misere zu tragen. "Unsere Unternehmen in Einzelhandel, Tourismus und Dienstleistungssektor haben keine Kraft mehr - vom Norden bis zum Süden", beklagte Giorgio Sangalli vom Unternehmerverband Confindustria in Rom.

Faule Kredite italienischer Banken auf Rekordhoch

Unterdessen hatten Italiens Banken im September so viele faule Kredite in den Büchern wie noch nie. Die Problem-Darlehen summierten sich auf 144,5 Milliarden Euro, wie aus am Montag veröffentlichten Daten der italienischen Zentralbank hervorgeht. Im August waren es erst 142 Milliarden Euro. Das entspricht nahezu einer Verdoppelung des Wertes von 2010. Vor allem kleinen Firmen fällt es schwer, ihre Kredite zu bedienen. Und weil Banken versuchen, ihre Risiken unter Kontrolle zu halten, sind sie bei der Kreditvergabe vorsichtig, was die Wirtschaft wiederum belastet. Darlehen an Firmen außerhalb des Bankensektors gingen im Jahresvergleich um 4,2 Prozent zurück.

In der andauernden Rezession fällt es den Italienern zudem schwer, Geld auf die hohe Kante zu legen. Die Spareinlagen stiegen der Notenbank zufolge im September mit so geringer Rate wie seit 13 Monaten nicht mehr. Sie wuchsen zum Vorjahresmonat lediglich um 3,7 Prozent, nachdem das Plus im August noch 6,6 Prozent betragen hatte. Für die ohnehin strauchelnden italienischen Banken stellt diese Zurückhaltung der Anleger ein Problem dar. Denn die Spareinlagen sind eine Hauptfinanzierungsquelle der Geldhäuser - vor allem der kleineren Institute, die keinen Zugriff zum Kapitalmarkt haben.

(REU)
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