Kampfpanzer für die Ukraine Leopard-Lieferung: EU-Partner erhöhen Druck auf Deutschland

Brüssel · Bereits vor dem EU-Außenministertreffen wollte Polen „nicht tatenlos zuzusehen, wie die Ukraine ausblutet“. Eine russische Großoffensive vor Augen, wird die Unterstützung für die Ukraine zum zentralen Thema in Brüssel.

 Annalena Baerbock und ihr finnischer Amtskollege Pekka Haavisto beim Außenministertreffen am Montag in Brüssel.

Annalena Baerbock und ihr finnischer Amtskollege Pekka Haavisto beim Außenministertreffen am Montag in Brüssel.

Foto: AP/Virginia Mayo

In den französischen Abendnachrichten hatte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock noch Druck auf den eigenen Laden ausgeübt und vollmundig verkündet, bei der Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern der Entschlossenheit von Partnerstaaten „nicht im Wege stehen“ zu wollen. Als sie am nächsten Morgen zu Beginn des Außenministertreffens danach gefragt wird, ob sie damit für die Bundesregierung gesprochen habe, will sie die Aussage nicht einmal mehr wiederholen. Sie ahnt da schon, dass der Druck an diesem Montag ihr gelten wird. Man müsse „gemeinsam vorangehen“, meint sie nun ausweichend. Zugleich verweist sie darauf, dass Russland auch nach elf Monaten brutalen Angriffskrieges nicht von seinem mörderischen Plan abgewichen sei, die Ukraine vernichten zu wollen.

Obwohl es auch um die Reaktion auf die Entrechtung von Frauen in Afghanistan und weitere Sanktionen gegen das iranische Regime geht, betreten die meisten Ministerinnn und Minister das Brüsseler Ratsgebäude mit der Einschätzung, dass die militärische Ukraine-Unterstützung auch dieses Mal „das wichtigste Thema“ sein werde. Dazu bespricht sich die Runde via Video mit dem ukrainischen Amtskollegen Dmitro Kuleba und dessen bedrückender Lage-Schilderung. Er hält mutige und kühne Schritte für nötig, damit die Ukraine 2023 siegen könne.

„Wir appellieren an Deutschland und andere Länder, Leopard-Kampfpanzer zu liefern“, sagt Lettlands Außenminister Edgars Rinkevics ohne Wenn und Aber. Deutschland sei ein großes Land, eine führende Nation, damit müsse auch Verantwortung verbunden sein. Russland setze weiter auf Eskalation, deshalb müsse jetzt bereitgestellt werden, was auch immer von der Ukraine benötigt werde.

Sein litauischer Kollege Gabrielius Landsbergis bemüht sich nach Kräften, dem deutschen Bundeskanzler in der Panzerfrage Mut zu machen. Das Wichtigste, was es nun zu besprechen gebe, sei offenbar die Furcht. Wer nicht entschlossen dazu sei, dass Russland den Krieg verliere, der sei auch nicht entschlossen dazu, alles zu tun, damit die Ukraine gewinne. Eine „win-win“-Situation werde es bei diesem Krieg nicht geben. Es gehe nun darum, die Furcht vor einer Niederlage Russlands zu überwinden, die Furcht davor, was dann passieren könne. Für ihn ist jedenfalls glasklar: „Russland muss besiegt werden, um weitere Kriege zu verhindern.“

Ähnlich argumentiert Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn: „Wenn wir aufhören, die Ukraine mit Waffen zu beliefern, ist der Krieg zu Ende - aber zu grauenhaften Bedingungen“, sagt er. Dann werde Russland gewinnen, aber nicht stoppen, sondern weitermachen. Es gebe deshalb keine andere Lösung, als die Ukraine weiterhin so zu unterstützen, dass sie sich gegen Russland verteidigen könne. Asselborn: „Der Krieg wird aus meiner Sicht erst enden, wenn Russland erkennt, nicht mehr gewinnen zu können.“

Urmas Reinsalu, der Außenminister Estlands, mahnt zur Eile. Es müsse „sehr schnell“ gehandelt werden. Er begrüßt die Entscheidung des Außenministertreffens vom Montag, die siebte Tranche der EU-Friedensfaszilität freizugeben. Damit stehen weitere 500 Millionen Euro bereit, mit denen die Ukraine sich weitere Unterstützung kaufen kann. Der Este ruft die Runde dazu auf, noch mehr zu tun. Sein Land gebe ein Prozent des Bruttosozialproduktes für die Ukraine-Hilfe aus. „Wir appellieren an alle Länder dasselbe zu tun“, ruft Reinsalu. Das werde, so seine Überzeugung, „den Unterschied machen“. Zudem bekundet er seine „starke Unterstützung“ für den Zehn-Punkte-Friedensplan, den der ukrainische Präsident beim G-20-Treffen vorgestellt hatte. Wichtige Bestandteile: Rückzug der russischen Truppen, Wiederherstellung der territorialen Unversehrtheit der Ukraine und zusätzliche Sicherheitsgarantien.

Die Unterredungen der 27 Außenminister mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borell stehen unter dem Eindruck jüngster Aufklärungserkenntnisse. Danach bereitet sich Russland auf eine groß angelegte Frühjahrsoffensive vor. Dem stehe entgegen, dass die Panzer-Debatte mit Deutschland bereits seit dem Juni vergangenen Jahres auf der Stelle trete. „Es muss schnell gehen“, unterstreicht Finnlands Außenminister Pekka Haavisto. Sein Land habe gerade ein neues militärisches Hilfspaket für die Ukraine im Gegenwert von 400 Millionen Euro beschlossen, inklusive Leopard-Kampfpanzer - in der Hoffnung, dass auch „Länder wie Deutschland“ mitmachen. Asselborn beziffert den Leopard-2-Bedarf der Ukraine auf aktuell 300 Exemplare.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg betont die Neutralität seines Landes und dass es ihm daher nicht zustehe, „Zurufe zu machen“. Er erwartet, dass der Krieg noch „lange dauern“ werde. In der aktuellen Situation werde leicht übersehen, was bereits alles geliefert worden sei. „Der Widerstandswille der Ukraine ist beeindrucken, aber auch der Unterstützungswille der EU-Staaten“, unterstreicht Schallenberg. Auch Irlands Premier Michéal Martin weist darauf hin, dass Deutschland zu den bedeutendsten Unterstützern der Ukraine gehöre. Ob nun auch Leopard dazu kämen, sei allein Sache der deutschen Regierung.

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