Kein Fortschritt beim EU-Gipfel Osteuropäer bleiben hart bei Ablehnung von Timmermans

Brüssel · Das Gezerre um den Posten des EU-Kommissionspräsidenten geht weiter. Nicht zuletzt deswegen, weil sich die Osteuropäer stur stellen und den niederländischen Sozialisten Frans Timmermans kategorisch ablehnen.

 Bleiben die Osteuropäer hart, wird Frans Timmermans definitiv nicht der Nachfolger von Jean-Claude Juncker.

Bleiben die Osteuropäer hart, wird Frans Timmermans definitiv nicht der Nachfolger von Jean-Claude Juncker.

Foto: AP/Antonio Calanni

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben am Dienstag ihre Beratungen über die Neubesetzung der Spitzenämter der Gemeinschaft fortgesetzt. Nach einer Marathonsitzung vom Sonntagnachmittag bis zum Montagmorgen hatten sie sich bis zum Dienstagvormittag vertagt. Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis bekräftigte bei seiner Ankunft am EU-Hauptsitz, dass sein Land sowie die Slowakei, Ungarn, Polen und Italien den niederländischen Sozialisten Frans Timmermans als EU-Kommissionspräsident ablehnen.

„Wir wollen jemand in der Präsidentschaft der Kommission, der nicht eine negative Ansicht unserer Region hat“, sagte er. „Herr Timmermans ist für uns nicht akzeptabel.“ Timmermans habe eine völlig andere Ansicht zur Migration. „Er war immer für Quoten und so weiter, also ist das ein Problem für uns“, erklärte Babis.

Die Staats- und Regierungschefs stehen unter Zeitdruck, da sie die EU-Spitzenämter besetzen wollen, bevor am Mittwoch das neugewählte Europaparlament seinen Präsidenten wählt. Es geht neben dem Amt des EU-Kommissionspräsidenten um die Posten des Ratspräsidenten, des Chefdiplomaten und den Chef der Europäischen Zentralbank. Auch für den EU-Parlamentspräsidenten wollen sie einen Personalvorschlag unterbreiten, dem das Parlament allerdings am Mittwoch zustimmen müsste. Die Ernennung eines neuen EZB-Präsidenten könnte später erfolgen.

Der frühere niederländische Außenminister Timmermans wird von vielen als geeignetster Kandidat betrachtet, um EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Amt nachzufolgen. Polen, Ungarn, Italien und die Slowakei sehen ihn als Unterstützer eines umstrittenen Plans für Flüchtlingsquoten für EU-Länder. Timmermans war auch dafür, unter Androhung rechtlicher Schritte die Rechtsstaatlichkeit in Polen und Ungarn zu verbessern.

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez sagte, die Haltung gegen Timmermans sei inakzeptabel. „Man kann eine Person nicht ablehnen, weil er die Verträge und die Grundsätze und europäischen Werte verteidigt hat, für die wir stehen“, sagte Sánchez, der auch Sozialist ist.

Aufmerksamkeit bekommt die Europäische Volkspartei, die in den vergangenen fünf Jahren die EU-Einrichtungen dominiert hat und die größte Fraktion im EU-Parlament war. Sie hat aber bei den EU-Parlamentswahlen im Mai eine Schlappe erlitten. Anhand einer Überlegung, die sich für Außenstehende nicht klar nachvollziehen lässt, haben die für die EVP eintretende Bundeskanzlerin Angela Merkel und Anhänger Timmermans als EU-Kommissionspräsident unterstützt, damit ihr Kandidat, der deutsche Abgeordnete Manfred Weber, Präsident des Parlaments wird.

„Ich hoffe, die EVP hatte während der Nacht einen Neustart und dass das System funktioniert“, sagte der liberale luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel. „Gestern hatten sie einen Wurm.“

Merkel sagte, man werde am Dienstag „neue Kreativität“ anwenden. Jeder müsse Flexibilität zeigen.

Der Gipfel war aufgrund von gegenseitigen Attacken und Kritik an EU-Ratspräsident Donald Tusk am Montag zusammengebrochen. Seine Amtszeit endet am 31. Oktober. Eine Herausforderung bei der Besetzung der Ämter ist auch, mindestens zwei Frauen zu nominieren.

(felt/dpa)
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