Warum das ein Fehler ist SPD-Kandidatin Barley tritt bei russischem Propaganda-Sender auf

Meinung | Berlin · Katarina Barley, Bundesjustizministerin und SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, hat dem russischen Propagandasender Russia Today ein Interview gegeben. Auch wenn sie darin Kritik an Russland äußert - es ist im Wahlkampf ein Fehler.

 Katarina Barley im Bundestag.

Katarina Barley im Bundestag.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Siebeneinhalb Minuten ist das Interview lang, aufgezeichnet nach einer Veranstaltung. Die Auslandspresse hatte Katarina Barley als SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl eingeladen, neben rund 40 anderen Medienvertretern war auch Russia Today mit einem Kamerateam dabei. Im Anschluss an die Veranstaltung bekam der Sender das Interview. Die Fragen handeln Themen wie das schlechte Abschneiden der SPD in Umfragen ab, die Vorschläge des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron für Europa, die Mietpreisbremse, die Aufrüstung der Bundeswehr in der Nato – und das Verhältnis zu Russland. Katarina Barley antwortet ruhig, spult die Antworten weitgehend routiniert ab: Die SPD wird sich bestimmt wieder fangen, Macron habe viele gute Vorschläge für Europa gemacht, die Mietpreisbremse wirkt, die Bundeswehr solle besser aus- statt aufgerüstet werden. Soweit, so bekannt.

Doch dann sagt sie einen Satz, der auf der Internetseite von Russia Today prompt zur Überschrift über dem Videobeitrag wird: „Gegenüber Russland pflegen wir ein enges Verhältnis.“ Dabei ist der Inhalt nicht das Problem, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würde wohl so einen Satz sagen. Auch wenn es in Russland Menschenrechtsverletzungen gibt, die Pressefreiheit de facto eingeschränkt ist und die Annexion der Krim das Völkerrecht brach. Letzteres nennt Barley in dem Interview auch als einen Punkt, bei dem man „sehr kritisch“ sei.

Für Barley wird aber vor allem die Aufmachung zum Problem, weswegen das Interview ein Fehler war: Ein russischer Propagandasender, der in Deutschland und ganz Europa heftig umstritten ist, den die EU wegen „prorussischer Desinformation“ kritisierte, kann über ein Interview mit „Ministerin Barley“ schreiben: „Wir pflegen ein enges Verhältnis zu Russland.“ Besonders heikel ist das, weil Barley immer noch beides ist – Ministerin und Spitzenkandidatin. Als Wahlkämpferin allein müsste sie sich auch fragen lassen, ob es wirklich eine gute Idee ist, einem solchen Sender Rede und Antwort zu stehen.

Doch Russia Today zitiert sie als Mitglied der Bundesregierung, teils zu außenpolitischen Fragen. Eigentlich ist das ausschließlich ein Fall für Barleys Parteifreund, Außenminister Heiko Maas. Und so bringt ihre Doppelrolle Barley in Bedrängnis. Dazu passt, dass Sigmar Gabriel im September 2017 das erste Mitglied der Bundesregierung war, das Russia Today ein Interview gab – in seiner damaligen Funktion als Außenminister. Er begründete es übrigens damit, dass man „auch mit türkischen Sendern“ rede und es Menschen in Deutschland gebe, die russisches Fernsehen schauen. „Natürlich müssen wir ein Interesse daran haben, dass auch die deutsche Politik darin vorkommt“, sagte er. In einem Wahlkampf aber gelten andere Regeln, das Interview werden Barleys politische Gegner zu nutzen wissen.

(jd)
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