Dauerstreit um den Fiskalpakt Kanzlerin Merkel lockt die Bundesländer

Berlin · Die Bundesregierung will den Ländern finanziell offenbar weit entgegenkommen, um deren Zustimmung zum Fiskalpakt im Bundesrat zu erreichen. "Der Bund ist bereit, gewisse Ausfälle zu kompensieren", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, gestern in Berlin.

Die Länder fürchten, wegen des Fiskalpakts ihre Defizite rascher als vorgesehen abbauen zu müssen. Dies will die Bundesregierung nun offenbar honorieren. Nach Expertenschätzungen könnten auf die Länder wegen zusätzlicher Sparverpflichtungen Belastungen von etwa 12,5 Milliarden Euro pro Jahr zukommen, sagte Grosse-Brömer.

Die Summe entspricht in etwa den jährlichen Ausgaben der Kommunen für die sogenannte Eingliederungshilfe für Behinderte. Diese Ausgaben soll nach Vorstellungen der Länder der Bund übernehmen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dürfte allerdings nur zu einer schrittweisen Übernahme bereit sein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trifft morgen die Ministerpräsidenten für weitere Verhandlungen. Merkel benötigt im Bundestag und im Bundesrat Zweidrittelmehrheiten. Der Fiskalpakt schreibt vor, dass die um Konjunktureffekte bereinigten staatlichen Strukturdefizite ab 2014 auf 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt werden.

Heute trifft Merkel zunächst die Partei- und Fraktionschefs der Opposition. Eine Einigung wird aber noch nicht erwartet. "Wichtig ist, dass es grundsätzlich zu einer Einigung mit der Opposition kommt – das muss aber nicht zwingend heute sein", sagte die Chefin der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt. Auch der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke appellierte an die Opposition: "Deutschland hat eine Vorbildrolle. Unser Verhalten wird auf der ganzen Welt beobachtet."

Die Grünen forderten die Regierung auf, ihren Widerstand gegen einen Altschuldentilgungsfonds der Euro-Staaten aufzugeben. "Wir halten einen Altschuldentilgungsfonds für dringend erforderlich, um den Zinsdruck zu senken, dem einige Länder ausgesetzt sind.

An dieser Stelle hat sich die Regierung bislang kein Stück bewegt und schiebt rechtliche Bedenken vor", sagte Fraktionschefin Renate Künast unserer Zeitung. "Um die Krise wirklich anzupacken, genügt Sparen alleine nicht. Was wir brauchen, ist ein umfassendes ökologisch-soziales Investitionspaket."

Die hohe Nervosität an den Finanzmärkten hat die Zinsen für spanische und italienische Staatsanleihen auf über sechs Prozent gehievt. Die Marke gilt als Obergrenze, um explodierende Schulden und eine damit verbundene Zahlungsunfähigkeit zu verhindern.

(RP/csi/felt/jh-)
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