Die Krisenrhetorik der EU-Politiker Kalter Krieg, die Hölle und ein toter Euro

Brüssel · Abermals beginnt ein EU-Krisengipfel. Und diesmal ist es Italiens Ministerpräsident Mario Monti, der vor einer "Katastrophe" für die EU warnt, sollte man keine gemeinsame Linie finden. Er ist allerdings nicht der einzige, der dramatische Worte sucht, um sich Gehör in der Euro-Krise zu verschaffen.

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Mario Monti weiß genau, was auf dem Spiel steht in der Euro-Krise. Schließlich gehört sein Land zu denjenigen, die in diesen Wochen und Monaten mit den Auswirkungen zu kämpfen haben. Und er nahm an jenem Vierergipfel teil, auf dem Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien ein Wachstumspaket für die Eurozone beschlossen hatten.

Doch Monti belässt es nicht bei der Warnung vor einer "Katastrophe", sondern findet noch weit prägnantere Worte. Wenn die Italiener entmutigt würden, könnte das "politische Kräfte" freisetzen, die die europäische Integration und den Euro "zur Hölle fahren lassen", so Monti.

Der Italiener folgt damit voll und ganz der Krisenrhetorik der europäischen Politiker. Schließlich wollen und müssen sie angesichts trockener Gipfel und inhaltlich schwer verständlicher Themen deutlich machen, wie ernst die Lage innerhalb der Euro-Zone ist. Und dabei scheint inzwischen fast jeder Vergleich recht.

Merkel: "Solange ich am Leben bin"

Auch die deutsche Bundeskanzlerin kennt die Krisen-Rhetorik und wird nicht müde, bei ihren Regierungserklärungen immer wieder zu warnen: Scheitert der Euro, dann scheitert auch Europa. Für Aufsehen sorgte sie allerdings besonders am Dienstag mit einem Satz, den sie vor der FDP-Fraktion gesagt haben soll. Euro-Bonds, so Angela Merkel, werde es nicht gebe, "solange ich am Leben bin".

Logischerweise nahm das der eine oder andere Abgeordnete in der Aussprache im Bundestag am Mittwoch gleich auf. Die Grünen-Abgeordnete Priska Hinz etwa sagte: "Wir wünschen Ihnen ein sehr langes Leben." Und Linken-Fraktionschef Gregor Gysi nutzte dies gleich für eine ähnliche Krisen-Rhetorik. Er sagte im Bundestag, wenn Griechenland aus dem Euro aussteige, folge auch Portugal. "Und dann ist der Euro tot."

Eher zurückhaltend funkte da der spanische Finanzminister Anfang Juni SOS. Cristóbal Montoro warnte lediglich davor, dass die Zukunft des Euro auf dem Spiel stehe im Zusammenhang mit Finanzhilfen für Spanien. Euro-Gruppenchef Jean Claude Juncker dagegen sprach im Dezember vergangenen Jahres von einem "Keulenschlag", als die Ratingagentur Standard & Poors davon sprach, die Bonität mehrerer Eurostaaten wie auch Deutschland zu prüfen.

Tsipras und der Atomwaffen-Vergleich

Noch schärfere Töne waren da zuletzt aus Athen zu vernehmen — allerdings nicht von der Regierung. Es war kein anderer als der Chef der griechischen Linksradikalen, der mit regelrecht kriegerischen Worten auf sich aufmerksam machte. Ende Mai sagte Alexis Tsipras, er sehe sein Land im Kalten Krieg. "Beide Seiten halten Atomwaffen in den Händen. Unsere Kreditgeber besitzen als Atomwaffe die Einstellung der Zahlungen."

Aber auch unter den deutschen Politikern gibt es den einen oder anderen, der gern mal wortgewaltig auf den Ernst der Lage hinweist. Da ist etwa FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle. Er sprach bezeichnete im Mai die Eurobonds als "Zinssozialismus, den Deutschland und andere erfolgreiche Länder teuer bezahlen müssten".

Und Feuer und Flamme schien auch Joschka Fischer, als er in einem Gastbeitrag in der "Süddeutschen Zeitung" sich zur Krise äußerte. "Das europäische Haus steht in Flammen", schrieb der frühere Außenminister da. Und: "Europa, angeführt von Deutschland, löscht lieber weiter mit Kerosin statt mit Wasser, und der Brand wird so mit der von Merkel erzwungenen Austeritätspolitik (Sparpolitik) beschleunigt.

Monti ist also nicht der erste und wird auch nicht der letzte sein, der nach möglichst drastischen Worten sucht, um sich in der Euro-Krise Gehör zu verschaffen. Und je länger diese Krise dauert, um so abstruser könnten manche Vergleiche werden. Tsipras hat ja bereits gezeigt, wie es geht.

mit Agenturmaterial

(das)
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