Verhalten in der Euro-Krise Juncker macht Deutschland schwere Vorwürfe

Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker tritt von seinem Posten zurück. Nun nennt er einen Grund für seinen Rückzug: Das Verhalten von Deutschland und Frankreich in der Euro-Krise. Vor allem an der deutschen Politik übt der luxemburgische Premier Kritik. Deutschland geriere sich zu Unrecht als Musterschüler.

 Jean-Claude Juncker ärgert sich über das Verhalten der Deutschen in der Schuldenkrise.

Jean-Claude Juncker ärgert sich über das Verhalten der Deutschen in der Schuldenkrise.

Foto: dpa, Bodo Marks

Deutschland warf Juncker vor, sich zu unrecht als Musterschüler der Euro-Zone darzustellen. "Das ist Teil des Problems, so zu tun als ob Deutschland das einzige tugendhafte Land der Welt wäre, also ob Deutschland die Zeche für alle anderen Länder bezahlen müsste. Das ist in hohem Maße beleidigend für die anderen", betonte der luxemburgische Regierungschef.

Von den 17 Euroländern hätten sieben Staaten weniger Schulden als Deutschland. Dies sei in einem Land, in dem pausenlos über die Frage debattiert werde, wieso es für ganz Europa bezahlen müsse, nie ein Thema, beklagte der Euro-Gruppen-Chef.

Juncker für Schäuble als Nachfolger

In seine Kritik bezog Juncker auch Frankreich ein. Auf die Frage, ob einer der Gründe für seinen Rückzug als Chef der Euro-Finanzminister auch Verbitterung über die Einmischung der beiden größten Eurostaaten sei, antwortete Juncker: "Ja". Er habe es nicht sehr gerne, wenn zwei so täten, als ob sie ganz alleine die Geschicke Europas zu bestimmen hätten.

Juncker machte zugleich aber klar, dass er Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für einen geeigneten Nachfolger hielte: "Er hat meine volle Unterstützung." Schäuble wisse nicht nur, wovon er rede, sondern handele auch mit Herzblut.

Nach früheren Angaben aus europäischen Regierungen gilt Schäuble als wahrscheinlicher Nachfolger Junckers, falls dieser nicht mehr zur Verfügung steht. Die Bundesregierung hatte sich offen dafür gezeigt, dass Juncker weitermacht.

Mehr Verantwortung für die EIB

In der Debatte über eine Ankurbelung des Wirtschaftswachstums in der Eurozone zieht Juncker trotz seines Ärgers über Deutschland mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an einem Strang: Juncker sprach sich - wie zuvor schon die Kanzlerin - für eine stärkere Einbeziehung der Europäischen Investitionsbank (EIB) aus.

Er nannte es am Montag in Hamburg denkbar, dass die EIB über eine Kapitalerhöhung um zehn Milliarden Euro gestärkt werde. Der luxemburgische Regierungschef sprach sich aber dagegen aus, Wachstum auf Kosten der Haushaltskonsolidierung zu generieren.

Die Forderung nach einer Ergänzung des Fiskalpaktes um Wachstumsanreize hatte zuletzt Auftrieb erhalten. Vielfach kommen europäischen Volkswirtschaften auch wegen staatlicher Ausgabenkürzungen nicht aus der Rezession. Juncker sagte, durch eine Kapitalerhöhung bei der EIB wäre die erzielbare Hebelwirkung größer, als wenn dieselbe Summe über einfache Haushaltsmittel bereitgestellt werde.

Juncker erneuerte zudem seinen Vorschlag für Eurobonds, um wirtschaftlich schwächeren Ländern der Euro-Zone die Schuldenfinanzierung zu erleichtern. "Es machte Sinn, dass wir uns in Europa einen Anleihemarkt zurechtlegen, der vom Volumen her dem Amerikanischen in etwa gleichkäme", erläuterte Juncker.
Dies sei jedoch noch Zukunftsmusik, schränkte er ein.

Voraussetzung für Euroanleihen wäre, dass der Fiskalpakt für eine stärkere Haushaltsdisziplin von allen Ländern ratifiziert und eingehalten werde und die Einzelstaaten weitere Souveränitätsrechte an die Europäische Union abträten.

(REU)
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