Antonio Tajani im Profil Jurist, Journalist, Berlusconi-Sprecher und EU-Profi

Straßburg/Brüssel · Antonio Tajani, neuer Präsident des Europaparlaments, verspricht allen Europäern zu dienen. Der Konservative war Reporter, Bürgermeisterkandidat und Berlusconis Pressesprecher, eher er in verschiedenen EU-Kommissionen arbeitete.

 Zufrieden: Antonio Tajani applaudiert nach seiner Wahl zum Präsidenten des Europäischen Parlaments.

Zufrieden: Antonio Tajani applaudiert nach seiner Wahl zum Präsidenten des Europäischen Parlaments.

Foto: dpa, LR wie fgj

Der 63-jährige Christdemokrat war bereits seit 2014 Vizepräsident des Parlaments und war in dieser Funktion für Artikel 17 des Vertrags von Lissabon zuständig. Der Artikel sieht einen regelmäßigen Austausch der EU-Institutionen mit religiösen Gemeinschaften und Kirchen vor.

Mitbegründer der Forza Italia

Tajani ist Mitbegründer der konservativen italienischen Partei Forza Italia. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der gebürtige Römer studierte an der Römischen "Universität La Sapienza" Jura. Anschließend arbeitete er als Journalist für die italienische Wochenzeitung "Il Settimanale" und den Radiosender RAI 1. Von 1987 bis 1993 leitete Tajani die römische Redaktion der Tageszeitung "Il Giornale" und war Reporter für den Libanon, die Sowjetunion und Somalia. Zudem war er nach 1994 Pressesprecher von Ministerpräsident Silvio Berlusconi.

Seit 1994 im EU-Parlament

1994 wurde er zum ersten Mal ins EU-Parlament gewählt. Dort engagierte sich Tajani unter anderem im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten, Konstitutionelle Fragen, Verkehr, Fischerei und Sicherheit und Verteidigung. 2001 trat Tajani bei der Bürgermeisterwahl von Rom an, verlor aber gegen Walter Veltroni. Seit 2002 ist Tajani Vizepräsident der Europäischen Volkspartei.

Von 2008 bis 2014 war er Mitglied der EU-Kommission, zuerst als Kommissar für Verkehr, später als Industriekommissar. Kritiker werfen ihm vor, in dieser Funktion bereits früher vom VW-Skandal gewusst und nicht reagiert zu haben. Aus "Gewissensgründen" verzichtete Tajani auf ihm zustehende Übergangsgelder als ehemaliger EU-Kommissar.

Der Katholik Tajani unterzeichnete die 2012 registrierte EU-Bürgerinitative gegen die Finanzierung von Stammzellenforschung aus EU-Mitteln. In einer Frage nach der Homo-Ehe und dem Recht auf Abtreibung antwortete Tajani in einer Anhörung mit der Grünenfraktion: "Ich habe meine persönlichen Ansichten. Aber ich respektiere andere."

Der 63-jährige Christdemokrat war bereits seit 2014 Vizepräsident des Parlaments und war in dieser Funktion für Artikel 17 des Vertrags von Lissabon zuständig. Der Artikel sieht einen regelmäßigen Austausch der EU-Institutionen mit religiösen Gemeinschaften und Kirchen vor.

Tajani spricht fließend Französisch und Spanisch. In den vergangenen Jahren engagierte er sich im Parlament für die Beziehungen mit Brasilien, der südamerikanischen Wirtschaftsunion Mercosur und der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika. Nach seiner Wahl versprach er, sich für Belange einzusetzen die alle Europäer betreffen: Sicherheit, Immigration und Arbeitsplätze.

Steinmeier gratuliert

Zu Tajanis ersten Gratulanten gehörte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. "Die Aufgaben, vor denen Europa steht, werden auch in den nächsten Jahren nicht kleiner", erklärte Steinmeier am Abend. Er verwies auf wachsende Europafeindlichkeit, Populismus und Nationalismus. Tajani bringe mit langjähriger Erfahrung im Europäischen Parlament und als EU-Kommissar die Voraussetzungen mit, das Parlament zu führen.

Jubel in Italien

Die Wahl des italienischen Konservativen hat in Italien Jubel ausgelöst. Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi, dessen Sprecher Tajani einst war, erklärte, die Wahl erfülle ihn als Italiener und als Chef der Partei Forza Italia mit "Freude und Stolz".

Regierungschef Paolo Gentiloni twitterte: "Zum ersten Mal ein Italiener als Präsident des Europaparlaments. Gratulation an Antonio Tajani." Außenminister Angelino Alfano sprach auf Twitter von einer "großartigen Nachricht für Italien und für das europäische Volk".

(juju)
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