EU-Kommission stellt Forderungen an Frankreich Hollande will sich aus Brüssel nichts diktieren lassen

Brüssel · Die Vorstellung der neuen wirtschaftspolitischen Empfehlungen der EU-Kommission hat am Mittwoch zu einer neuen Kontroverse zwischen Paris und Brüssel geführt. Zur Forderung der EU-Kommission an Frankreich, unter anderem bis zum Jahresende eine Reform des Rentensystems in Angriff zu nehmen, sagte Präsident Hollande, er lasse sich nicht "diktieren, was wir zu tun haben". Deutschland wurde erneut ermahnt, das Ehegattensplitting abzuschaffen.

 Frankreichs Präsident Hollande will sich nichts vorschreiben lassen.

Frankreichs Präsident Hollande will sich nichts vorschreiben lassen.

Foto: ap

Die EU-Kommission will Frankreich zwei Jahre Aufschub bis zum Jahr 2015 zum Erreichen der EU-Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts einräumen, fordert im Gegenzug aber von Paris, die defizitäre staatliche Pensionskasse bis spätestens zum Jahr 2020 finanziell auszugleichen. In den kommenden 18 Monaten soll Frankreich zudem zur Steigerung seiner Wettbewerbsfähigkeit Arbeitskosten reduzieren, die Exportstärke seiner Unternehmen fördern, gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit vorgehen, den Dienstleistungssektor öffnen und das Steuersystem vereinfachen.

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso machte in Brüssel deutlich, dass sich Hollande nicht auf dem Aufschub ausruhen dürfe: "Unsere Botschaft an Frankreich ist in der Tat ziemlich fordernd", sagte er. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone kämpft mit Wirtschaftsflaute, Haushaltsproblemen und Rekordarbeitslosigkeit.

Hollande wandte sich jedoch gegen eine übermäßige Einmischung der EU-Kommission in die Finanzpolitik seines Landes. "Die Kommission hat uns nicht zu diktieren, was wir zu tun haben", sagte er im südfranzösischen Rodez. "Sie kann nur sagen, dass Frankreich seine Staatsfinanzen sanieren muss", fügte er hinzu. Es sei "einzig" an Frankreich, "den richtigen Weg" zu finden. Was die Rentenfrage betreffe, sei mit den Sozialpartnern bereits vereinbart, dass im Juni Gespräche drüber beginnen sollten, sagte Hollande.

Aufschub nicht nur für Frankreich

Frankreich ist nicht das einzige Land, das mehr Zeit zum Sparen bekommen soll. Auch Polen, Spanien und Slowenien sollen zwei Jahre mehr Zeit erhalten, den Niederlanden und Portugal will Barroso ein Jahr Aufschub einräumen. Italien, Ungarn, Rumänien, Litauen und Lettland will die EU-Kommission aus dem Kreis der Defizitsünder entlassen. Die Regierungen Ungarns und Sloweniens begrüßten die Entscheidungen. Portugal versprach, seinen Reformkurs beizubehalten.

Die Bundesregierung wurde von der EU-Kommission erneut aufgerufen, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Bisher sei nichts unternommen worden, um die "signifikanten Fehlanreize für Zweitverdiener abzuschaffen". Auch müssten mehr Ganztagsplätze in Kindertagesstätten und Schulen geschaffen werden sowie die hohe Steuer- und Abgabenlast, insbesondere für Geringverdiener, gesenkt werden, forderte die Kommission.

(AFP/hüls)
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