Abstimmung in Griechenland Warum Tsipras wichtige Reformprojekte zurückzog

Athen · Tsipras' Regierung bewegt sich auf Treibsand. Einerseits muss sie wichtige Gesetze durchs Parlament bringen. Andererseits muss der griechische Premier aufpassen, dass ihm nicht noch mehr Abgeordnete von der Fahne gehen. Dafür ist er bereit, Kompromisse einzugehen.

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Foto: dpa, sp ase tba

Die Koalitionsregierung des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras hängt am seidenen Faden. Im Hau-Ruck-Verfahren werden die für ein weiteres Hilfspaket notwendigen Gesetze durchs Parlament geboxt. Schon bei der Billigung des ersten Reformpakets vergangenen Donnerstag stimmten viele Abgeordnete von Tsipras' linker Syriza-Bewegung mit Nein. Aus Angst vor weiteren Verlusten zog Tsipras nun einige Reformprojekte zurück.

Welche Gesetzes-Voraussetzungen wurden bisher gebilligt?

Vergangene Woche ging es um die Abschaffung von Frührenten und die Erhöhung des Rentenalters. Zudem wurden die Mehrwertsteuer für die meisten Lebensmittel und in den Tavernen, Restaurants und Bars von 13 auf 23 Prozent erhöht. Bei dieser Abstimmung musste Tsipras mit Schrecken feststellen, dass er praktisch die Mehrheit verloren hat und seither nur noch eine von der Opposition geduldete Minderheitsregierung führt. 32 seiner Abgeordneten stimmten gegen das Reformpaket, sechs enthielten sich der Stimme, eine Abgeordnete von Tsipras' Partei erschien erst gar nicht zur Abstimmung. Jetzt hat Tsipras nur noch 123 Abgeordnete im Parlament mit 300 Sitzen.

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Wollte Tsipras noch weitere Reformen beschließen lassen?

Eigentlich sollte das Parlament am Mittwoch Steuervergünstigungen für Bauern abschaffen. Demnach sollten sie keinen verbilligten Treibstoff mehr bekommen und auch auf alle Erträge Steuern zahlen wie etwa selbstständige Handwerker. Bisher hatten sie einen Freibetrag von 9000 Euro. Zudem sollten sie auch ihre aus EU-Zuschüssen stammenden Bezüge versteuern. Abgeordnete aller Parteien aus ländlichen Regionen kündigten jedoch entschiedenen Widerstand gegen das Vorhaben an. Sie könnten "nie wieder in ihre Wahlbezirke zurückkehren, wenn sie diesem Gesetz zustimmen würden", hieß es zur Begründung. Das Gesetz bedeute "den Tod" der Bauern.

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Waren diese Gesetze Bedingung weiterer Gespräche mit den Geldgebern?

Die Abschaffung der Steuervergünstigungen für Bauern ist nach offiziellen griechischen Angaben keine Voraussetzung für die Aufnahme von Verhandlungen mit den Gläubigern über weitere Finanzhilfen. Das hatte die griechische Regierungssprecherin Olga Gerovasili bereits am Dienstag gesagt. Bisher wurde kein Widerspruch aus Brüssel bekannt.

Warum wurde die Steuer für Bauern dann überhaupt ein Thema?

Dazu gibt es keine offizielle Erklärung. Insider sagen, Tsipras habe unter Beweis stellen wollen, dass er es ernst meint mit den Reformen und versucht, zusätzliche Maßnahmen zu realisieren. Angesichts des Widerstandes sei er zurückgerudert.

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Welche Bedingungen für neue Finanzhilfen stehen noch aus?

Das Parlament müsste dafür am Mittwochabend die Gesetze zur Modernisierung des Justizsystems und des Bankenwesens verabschieden. Zudem sollten Anfang August noch einige Details der Rentenreform beschlossen werden. Diese seien aber nach Regierungsangaben keine dringenden Angelegenheiten, sagt die Regierung in Athen.

(dpa)
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