US-Ökonomen schimpfen über EU und Deutschland "Wahnsinn", "pure Rachsucht", "grausam"

Washington · Noch bevor es in Brüssel zu einer Einigung kam, hagelte es in den sozialen Netzwerken Kritik angesichts der Forderungen der Gläubiger an Griechenland. Auch US-Topökonomen schlossen sich dieser Kritik mit scharfen Worten an. Jeffrey Sachs etwa warf den Deutschen Grausamkeit vor.

#ThisIsACoup – Twitterer lassen Frust über EU freien Lauf
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#ThisIsACoup (das ist ein Staatsstreich) — dieser Hashtag stand in der Nacht des Euro-Gipfels und am Morgen danach ganz vorn in der Trendliste. Dort ließen viele Twitterer ihrem Unmut darüber freien Lauf, dass die Forderungen an die Regierung in Athen so hart seien. Auch ein US-Topökonom stimmte dem zu.

In seinem Blog für die "New York Times" schrieb Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman unter dem Titel "Tod des europäischen Projektes", das Vorgehen der Eurogruppe gehe über streng hinaus in "pure Rachsucht, vollständiger Zerstörung von nationaler Souveränität und ohne eine Hoffnung auf Entlastung".

Griechenland braucht nicht nur Kontrollen, sondern auch Wachstum
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"Ein schwarzes Kapitel in der europäischen Geschichte"

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Es ist nicht das erste Mal, dass Krugman die Verhandlungen zwischen Athen und den Gläubigern in Brüssel kritisch hinterfragt. Schon am Wochenende des griechischen Referendums hatte er — genau wie einige andere US-Topökonomen auch — das Vorgehen in der EU kritisiert.

Nun findet er erneut klare Worte: Die Liste mit den Forderungen der Eurogruppe nannte er "Wahnsinn" und einen "grotesken Verrat an allem, wofür das europäische Projekt eigentlich stehen sollte". Und dann fährt er fort: "Lasst uns darüber im Klaren sein: Wir haben in den vergangenen Wochen gelernt, dass Mitglied der Eurozone zu sein bedeutet, dass die Gläubiger deine Wirtschaft vernichten können, wenn du aus der Reihe tanzt". Und was immer man von Syriza oder Griechenland halte, "die Griechen haben es nicht verbockt".

Krugman ist aber bei Weitem nicht der einzige Topökonom, der angesichts der Verhandlungen in der Nacht seiner Wut freien Lauf ließ. Auch Jeffrey Sachs schoss bei Twitter aus allen Rohren, schimpfte gegen die EU und Deutschland.

"Die Eurozone ist ein verrücktes Haus. Ungefestigt, inkompetent und grausam", schreibt er in dem Tweet. Zudem schrieb er, er habe noch nie so etwas gesehen, Finanzminister Schäuble sei gegen Griechenland, handele irrational.

Schäuble biete keine Lösungen an, sondern fordere nur von Griechenland, heißt es in einem anderen Tweet des Wirtschaftswissenschaftlers, der immer wieder für einen Schuldenschnitt plädiert.

"Mangel an Solidarität" warf auch Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz Deutschland vor. Die Euro-Zone, so sagte er der Nachrichtenagentur AFP, könne nicht ohne ein "Mindestmaß an Solidarität" betrieben werden.

Mit seiner harten Haltung untergrabe Deutschland den "gesunden Menschenverstand" von weitsichtiger Politik und das Gefühl von Zusammenhalt in Europa. Auch nannte Stiglitz die bisherige Krisenpolitik eine "Katastrophe, und Deutschland haben Europa damit einen "Schlag ins Gesichts versetzt".

(das)
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