Schuldenkrise Reiche Griechen sollen ihr Land retten

Berlin/Athen · Sie schaffen ihr Geld ins Ausland, tarnen ihre Pools mit Militärplanen oder genießen wie die Reeder ganz legale Steuerprivilegien: Nun will die Regierung griechische Millionäre stärker zur Kassen bitten.

 Stavros Nachos stammt aus einer der reichsten Familien Griechenlands. 2006 vertrieb er sich die Zeit beim Basketball in Los Angeles an der Seite von Paris Hilton.

Stavros Nachos stammt aus einer der reichsten Familien Griechenlands. 2006 vertrieb er sich die Zeit beim Basketball in Los Angeles an der Seite von Paris Hilton.

Foto: dpa

Die Verhandlungen der Griechen mit den Euro-Ländern sind gescheitert. Kaum war Wolfgang Schäuble (CDU) Mittwochnacht vom Treffen der Finanzminister abgereist, weigerte sich Giannis Varoufakis, eine Erklärung zu unterschreiben, dass Athen seine finanzielle Verpflichtungen erfüllt. Doch Griechenland braucht Ende Februar Geld. Nun wächst der Druck, die griechische Regierung möge mehr Steuern von Reichen eintreiben.

"Griechenlands Steuerverwaltung muss in der Lage sein, Vermögende im eigenen Land effektiv zu besteuern. Wir können nicht Geld in ein Land überweisen, das selbst seine betuchten Steuerzahler lieber verschont", sagte Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs unserer Zeitung. Wenn ein Reeder seinen Wohnsitz in die Schweiz oder eine Steueroase verlege, sei es zwar schwer, ihn zu besteuern. "Aber es ist auch nicht unmöglich."

Nicht umsonst nennt Fuchs die Reeder. Sie stellen im Land der tausend Inseln seit Langem die Oberschicht. Allen voran die Familie Latsis, die 2,6 Milliarden Euro an Vermögen haben soll. Spiros Latsis kontrolliert laut "Manager Magazin"/"Greek Rich List" von der Schweiz aus das von seinem Vater aufgebaute Schiffs- und Ölimperium. Sein Neffe Paris machte dagegen Schlagzeilen mit seiner Beziehung zu Hotel-Erbin Paris Hilton. Zu den Reichen gehört auch die Familie Onassis. Das Erbe des legendären Aristoteles soll über zwei Milliarden Euro schwer sein. Sein ärgster Konkurrent war einst der Reeder Philippe Niarchos, dessen Erbe auf 840 Millionen Euro geschätzt wird. An dem erfreut sich Sohn Stavros.

Laut Steuer-Statistik hat Hellas nur zwei Dutzend Einkommens-Millionäre. Das kann man angesichts der Yachten und Villen im Land kaum glauben. Die Bank UBS schätzt dagegen, dass es 565 Griechen mit Vermögen von über 25 Millionen Euro gibt. Doch viele zahlen kaum Steuern - oder müssen es auch nicht. Die griechische Verfassung (Artikel 107) räumt den Reedern eine im internationalen Vergleich einzigartige Sonderstellung ein: Sie müssen Gewinne und Einkommen nicht versteuern. Begründet wird dies mit der Sorge vor einer Verlagerung der Firmensitze.

Traditionell bringen reiche Griechen ihr Geld gerne ins Ausland, seit Ausbruch der Krise vermehrt. 2008 lagen auf griechischen Konten 238 Milliarden Euro, heute sind es 160 Milliarden. Das erschwert den Zugriff des Fiskus. Großbritannien macht es Reichen besonders leicht, sich vor Besteuerung zu drücken. Wer als Ausländer auf der Insel lebt, kann sich mit einer "Remittance Charge" von bis zu 50 000 Pfund (67 000 Euro) von der dortigen Besteuerung freikaufen, wie die "Welt" berichtet. Die britische Regierung geht einfach davon aus, dass der Grieche daheim schon zahlt, und fragt nicht weiter.

Hinzu kommt der Steuerbetrug. Im Herbst sorgte die Meldung für Aufsehen, dass griechische Steuerfahnder in den Gärten von Reichen Militärplanen entdeckten, mit denen diese ihre Swimming-Pools zugedeckt hatten. Hintergrund ist die Regelung, dass der Fiskus den Besitz eines Pools als Beweis für Einkommen betrachtet und entsprechend Steuern verlangt. Immerhin suchen Fahnder nun überhaupt ernsthaft nach Betrügern. Zuvor galten Finanzbeamte als besonders korrupt.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzt, dass der griechische Staat jährlich 15 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verliert. Der frühere Chef-Steuerfahnder, Nikolaos Lekkas, geht von 40 Milliarden aus. Wenn man nur die Hälfte davon eintreiben könnte, so Lekkas, hätte der Staat, den Schulden von 320 Milliarden drücken, seine akuten Probleme gelöst.

Die Regierungspartei Syriza hat das verstanden: Sie will nun 2,5 Milliarden Euro von 3500 Hinterziehern eintreiben. EU-Staaten haben Athen mehrere Listen mit mutmaßlichen Sündern übergeben. Besonders gehaltvoll war die Liste, die Daten von HSBC-Kunden enthielt und die Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde 2010 nach Athen geschickt hatte. Dort ging die Liste "verloren" und tauchte später, bereinigt um Freunde und Angehörige der Regierung, wieder auf. Eine echte Chance für Syriza.

(RP)
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