Schuldenkrise in Griechenland Die Troika heißt jetzt "Tifkat" und darf wieder prüfen

Brüssel · Knapp drei Wochen nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl redet die neue griechische Regierung wieder mit der Troika, auch wenn die Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) nicht mehr so heißen dürfen.

 Die Troika besteht aus Vertretern des IWF, der EZB und der Europäischen Kommission.

Die Troika besteht aus Vertretern des IWF, der EZB und der Europäischen Kommission.

Foto: dpa/Arte zur Sendung am 24. Februar 2015: Macht ohne Kontrolle - Die Troika:

Der Begriff Troika wurde aus Rücksicht auf die Griechen aus dem offiziellen Sprachgebrauch verbannt. In Brüssel wird das Trio nun augenzwinkernd als "Tifkat" bezeichnet: "The institutions formally known as Troika" (die zuvor als Troika bekannten Institutionen).

"Vergesst das Programm, es existiert nicht mehr. Auch die Troika existiert nicht mehr." Mit dem Versprechen an seine Landsleute verabschiedete sich Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras in der Nacht zum Freitag vom EU-Gipfel. Zehn Stunden später begannen in Brüssel Gespräche der griechischen Seite mit den Experten der (offiziell umbenannten) Gläubiger-Troika. Ziel der Gespräche: Die Wegbereitung für eine mögliche Verlängerung des Hilfsprogramms.

Nach den kalten Duschen, unter die er seit seinem Amtsantritt von den Euro-Partnern gestellt wurde, bereitet Tsipras die Griechen nun mit Wort-Akrobatik auf die Zukunft vor. Ein Schuldenschnitt ist nicht absehbar. Ein Komplettausstieg aus dem Sparkurs ist nicht möglich. Noch will er aber nicht klein beigeben und kämpft um mehr Luft für den Genesungsprozess - und darum, dass es keine "Verlängerung", sondern ein "neues Programm" gibt.

Das Ringen mit Berlin ist offen. Er wage "keine Prognose über den Ausgang", sagte ein hoher EU-Funktionär am Freitag. Der Schuldenstreit könnte auch für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch gefährlich werden.

Immerhin wird es nach dem Fiasko des Eurogruppentreffens vom Mittwoch endlich konkret. Erstmals seit drei Monaten gewährt Griechenland seinen Gläubigern Einblick in die Finanzlage. Dabei werde sich zeigen, wie groß die Diskrepanz zwischen dem ist, was vereinbart wurde, und dem, was Athen an Änderungen vorschlägt, sagte der EU-Beamte. Ausgerüstet mit einer ersten Troika-Bewertung kommt es am Montag beim nächsten Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel zum Showdown.

Die Forderungen der Hellenen bestätigten am Freitag Verhandlungskreise. Die Arbeitsmarktreform soll revidiert werden. Die Privatisierungen sollen gebremst werden. Vor allem aber soll die Vorgabe für einen Primärüberschuss, den Athen in den kommenden zehn Jahren erwirtschaften muss, von 4,5 auf maximal 1,5 Prozent des BIP gesenkt werden. "Über Modalitäten kann man sicher diskutieren", lautete dazu am Freitag das Signal aus deutschen Regierungskreisen.

Berlin zeigt sich kompromissbereit

Mit der deutlichen Kompromissbereitschaft will Berlin vor allem eines erreichen: Dass sich Tsipras durchringt, eine Verlängerung des Ende Februar auslaufenden Programms zu beantragen. Wenn Tsipras dies wolle, dann wünsche sie sich die Anträge "möglichst schnell", sagte Merkel nach dem EU-Gipfel. Für eine Verlängerung müsste die Troika Athen bescheinigen, die bisherigen Auflagen umgesetzt zu haben. Dann könnte es noch gelingen, im Bundestag vor Monatsfrist grünes Licht für die Verlängerung einzuholen - und es würde wieder Ruhe einkehren.

Aber Tsipras sträubt sich. Er will keine Fortführung des Programms, weil er gerade wegen seines Protests dagegen gewählt wurde. "Der Übergang zu einem neuen Programm ist fortan einziger Gegenstand der Gespräche", so seine Ansage. Knickt er ein, drohen ihm in Athen Schimpf und Schande. Um das zu vermeiden, ist er sogar bereit, auf die letzte Tranche des auslaufenden Hilfspaketes zu verzichten, immerhin 1,8 Milliarden Euro.

Auf der anderen Seite wäre es für Merkel eine Blamage, würde das alte Programm unvollendet abgebrochen. Schlimmer noch: Trotz der nicht erfüllten Auflagen aus dem alten Programm müsste sie vom Parlament Zustimmung für ein weniger strenges neues Hilfspaket einholen. Das sähe wie eine Belohnung für die unzuverlässigen Griechen aus - ein gefundenes Fressen für die vielen Euro-Skeptiker. Aber auch das finnische Parlament könnte da nicht mitspielen, warnt ein EU-Diplomat. Tsipras hat also eine verwundbare Flanke.

(AFP)
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