Schuldenkrise Deutschland lehnt Antrag aus Athen ab

Berlin · Deutschland lehnt den Antrag der griechischen Regierung für eine Verlängerung von Finanzhilfen ab. Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Jäger, sagte am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Der Brief aus Athen ist kein substanzieller Lösungsvorschlag."

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In Wahrheit ziele er auf eine Brückenfinanzierung, ohne die Anforderungen des Programms zu erfüllen: "Das Schreiben entspricht nicht den am Montag in der Eurogruppe vereinbarten Kriterien."

Nach Angaben aus Kreisen der Euro-Zone erwartet die Bundesregierung ein klares Bekenntnis Griechenlands zu früheren Reformvereinbarungen. In den Kreisen hieß es am Donnerstag in Brüssel, dies sei ein zentraler Grund, warum die Bundesregierung den Antrag Griechenlands abgelehnt habe.

Anders als das Bundesfinanzministerium wertet die EU-Kommission den Antrag Griechenlands auf eine sechsmonatige Verlängerung des aktuellen Hilfsprogramms als positives Zeichen. Nach Ansicht von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ebne der Antrag den Weg zu einem Kompromiss, sagte Junckers Sprecher am Donnerstag in Brüssel. Inwieweit Griechenland sich mit dem Bekenntnis zu der Finanziellen Rahmenvereinbarung mit dem EFSF (MFAFA) von 2012 auch zu den Reformen verpflichtet, die im Memorandum of Understanding in Form von Meilensteinen definiert sind, wollte der Sprecher nicht sagen. Das MFAFA beschreibe genau das Programm in der existierenden Form, sagte er.

Die Finanzminister der Euro-Gruppe wollen an diesem Freitag in Brüssel bei einem Sondertreffen über den Antrag der neuen griechischen Regierung über eine Verlängerung der Finanzhilfen beraten. Die anderen 18 Euro-Länder pochen auf klare Zusage Athens, Reform- und Sparauflagen einzuhalten.

Das aktuelle Hilfsprogramm der Europäer läuft am 28. Februar um Mitternacht aus. Die letzten Hilfstranchen liegen auf Eis. Ohne weitere Hilfe droht Griechenland mit der Links-Rechts-Regierung von Premier Alexis Tsipras die Staatspleite. Eine Verlängerung müsste auch der Deutsche Bundestag bis Ende nächster Woche noch zustimmen.

Griechische Regierung setzt Wahlversprechen um

Derweil hat die neue griechische Regierung unter dem linken Regierungschef Alexis Tsipras knapp einen Monat nach ihrem Wahlsieg angefangen, ein Bündel von Maßnahmen zur Entlastung der ärmeren Bevölkerungsschichten in die Tat umzusetzen. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Wirtschaftsministeriums am Donnerstag erfuhr, soll gesetzlich geregelt werden, dass Arbeitslose ihre erste Wohnung nicht verlieren, auch wenn sie Kreditraten nicht zahlen können.

Am Vortag hatte die Regierung angekündigt, sie wolle ihr Wahlversprechen für einen Schuldenschnitt für ärmere Bürger einhalten. Wer dem Staat Geld schuldet, könne künftig auf einen Schuldenerlass in Höhe von bis zu 50 Prozent rechnen. Voraussetzung dafür sei, dass er sofort 200 Euro und den Rest in bis zu 100 Raten zahlt.

Die Regierung unter Tsipras versucht damit, einen Schlussstrich unter eine ihrer Ansicht nach "absurde" Situation zu ziehen: Der Staat habe theoretische Forderungen in Höhe von 76 Milliarden Euro an Bürger oder Firmen, die entweder pleite sind oder gar nicht mehr existieren. Vizefinanzministerin Nadja Valavani geht davon aus, dass davon höchstens neun Milliarden Euro kassiert werden könnten.

Diese Erleichterungen für die Bürger stießen bei der in Griechenland verhassten "Troika" der internationalen Geldgeber auf wenig Gegenliebe, Ergebnis: Die Forderungen blieben in den Büchern aber "in der Realität kassierte der Staat keinen Cent", sagte ein Funktionär des Finanzministeriums.

Merkel und Tsipras führen "konstruktives" Telefonat

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras haben griechischen Regierungskreisen zufolge in einem Telefonat über die Schuldenkrise gesprochen. Der Anruf habe 50 Minuten gedauert und in einer positiven Atmosphäre stattgefunden, sagte ein Insider am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Eine zweite Person sprach von einem konstruktiven Gespräch. Deutschland hatte zuvor den griechischen Antrag zur Verlängerung der Kredithilfen als unzureichend abgelehnt.

(dpa/rtr/REU)
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