Institute waren drei Wochen lang geschlossen Griechenlands Banken öffnen die Tore und Tresore

Athen/Berlin · Viele Lebensmittel werden in Griechenland ab Montag teurer. Bereits am Mittwoch muss die Regierung in Athen weitere Reformauflagen beschließen. Die Bundeskanzlerin erklärt die Grexit-Debatte in Deutschland für beendet.

Athen - Schlangen vor den Banken nach Wiedereröffnung
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Athen - Schlangen vor den Banken nach Wiedereröffnung

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Drei Wochen lang standen die Griechen vor geschlossenen Banken. Am Montag haben die rund 2500 Zweigstellen wieder geöffnet. Aber eine Rückkehr zur Normalität ist das nicht. Die Kapitalkontrollen bleiben bestehen. Auslandsüberweisungen sind verboten, Ausnahmen - etwa für Importe von Medikamenten - müssen vom Finanzministerium genehmigt werden. Auch dürfen die Bankkunden weiterhin pro Tag nur höchstens 60 Euro von ihren Konten abheben. Jetzt können sie sich allerdings den Betrag von 420 Euro für eine Woche auf einmal auszahlen lassen, um nicht jeden Tag am Geldautomaten anstehen zu müssen.

Die griechische Aktienbörse bleibt allerdings auch am Montag geschlossen. Die am Wochenende erlassene Verordnung zur Wiedereröffnung der Banken gelte nicht für den Handelsplatz, sagte eine Sprecherin der Athener Börse am Montag. Sie schloss aber nicht aus, dass in dieser Woche wieder Aktien gehandelt werden könnten.

Das sind die Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland
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Foto: afp, alb

Ausgelöst hatte Premierminister Alexis Tsipras die Bankenkrise, als er Ende Juni überraschend eine Volksabstimmung über das Sparprogramm ankündigte. Daraufhin setzte ein Sturm auf die Banken ein. Um das Bankensystem vor dem Zusammenbruch zu bewahren, ordnete die Regierung die Schließung der Geldinstitute an. Möglich wurde ihre Wiederöffnung nun, nachdem das Athener Parlament vergangene Woche ein erstes Sparpaket verabschiedet hat.

Politisch sorgt der Spar- und Reformkurs für heftige Turbulenzen in der Regierung. Nachdem bei der Abstimmung über das erste Gesetzespaket in der Nacht zum vergangenen Donnerstag 32 Abgeordnete der Regierungspartei Syriza mit Nein stimmten und sich weitere sechs enthielten, hatte Tsipras am Freitag sein Kabinett umgebildet. Vier Abweichler wurden entlassen.

Griechenland: Der erste Tag der Bankenschließung
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Der erste Tag der Bankenschließung in Griechenland

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Schon an diesem Mittwoch steht Tsipras aber eine neue Zitterpartie bevor. Dann muss das Parlament ein weiteres Gesetzespaket im Eilverfahren billigen. Es geht um Steuererhöhungen für die Landwirte, die Abschaffung von Früh-Verrentungen, eine Justizreform und neue Regeln für die Sanierung und Abwicklung notleidender Banken. Politische Beobachter erwarten, dass bei der Abstimmung erneut viele Syriza-Abgeordnete der Regierung die Unterstützung verweigern werden.

Tsipras führt jetzt praktisch eine Minderheitsregierung. Er ist auf die Unterstützung der Opposition angewiesen. Neuwahlen im Herbst sind daher wahrscheinlich. Die könnte Tsipras trotz des harten Sparkurses haushoch gewinnen: In einer am Samstag veröffentlichten Umfrage liegt Syriza mit 42,5 Prozent weit vor der konservativen Nea Dimokratia, die mit 21,5 Prozent den zweiten Platz belegt.

Alexis Tsipras und andere: die Akteure im Griechenland-Drama
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Griechenland - die wichtigsten Personen am Verhandlungstisch

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Mit der Umsetzung von Reformen lassen sich die griechischen Politiker meist viel Zeit. Aber bei den Steuererhöhungen geht es ganz schnell. Vergangenen Donnerstag beschloss das Parlament das erste Steuerpaket, an diesem Montag tritt es bereits in Kraft. Viele Waren und Dienstleistungen verteuern sich, weil sie jetzt mit dem vollen Mehrwertsteuersatz von 23 statt bisher 13 Prozent belastet werden.

Lebenshaltungskosten steigen im Schnitt um 13 Euro

Dazu gehören öffentliche Verkehrsmittel und Taxis, Essen in Restaurants, Fleisch, Pasta, Reis, Mehl, Marmelade, Süßwaren, aber auch Präservative und Bestattungen. Nach Berechnungen des Einzelhandelsverbandes steigen dadurch die Lebenshaltungskosten einer Durchschnittsfamilie um 13 Euro im Monat.

In Deutschland riss die Diskussion über einen Euro-Ausstieg Griechenlands nicht ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) forderten ein Ende der Debatte über den Grexit, den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Donnerstag erneut befürwortet hatte. "Herr Schäuble hat die SPD gegen sich aufgebracht", sagte Gabriel im Sommerinterview des ZDF. Die Option eines Grexit habe zwar auf dem Tisch gelegen, "aber wir haben uns für eine andere entschieden", sagte Merkel im Sommerinterview der ARD. "Und es zählt jetzt, was das Ergebnis dieser Beratungen war."

Schäuble räumte im "Spiegel" Differenzen auch mit der Kanzlerin ein. In der Union hat er aber sehr viele Unterstützer. "Wer die Transferunion will, legt Hand an dieses Europa. Wir brauchen Schäuble mehr denn je", sagte CSU-Mittelstandspolitiker Hans Michelbach. "Denn er weiß, dass die Schuldentragfähigkeit in letzter Konsequenz über das Wohl und Wehe Griechenlands und Europas entscheidet." Es bringe "nichts, den Gutmenschen gegenüber Griechenland zu spielen".

(mar)
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