Entscheidung der EU-Kommission Grenzkontrollen bleiben noch lange nötig

Meinung | Berlin · Die Erlaubnis der EU-Kommission, die Grenzkontrollen "ein letztes Mal" zu verlängern, ist eine leere Drohung. Schon jetzt ist absehbar, dass auch in sechs Monaten nicht die nötigen Voraussetzungen für eine kontrollierte Migration geschaffen sein werden.

 Unser Archivfoto zeigt Flüchtlinge an der deutschen Grenze im Jahr 2015.

Unser Archivfoto zeigt Flüchtlinge an der deutschen Grenze im Jahr 2015.

Foto: dpa, kne tba sab jai

Die EU-Kommission hat Deutschland, Österreich und anderen Ländern "ein letztes Mal" erlaubt, für weitere sechs Monate Grenzkontrollen durchzuführen. Das kann aber kaum mehr als eine leere Drohung Brüssels an die betroffenen Länder sein. Denn schon jetzt ist absehbar: Auch in sechs Monaten werden nicht die Voraussetzungen dafür gegeben sein, dass Deutschland und andere Länder auf die Kontrollen verzichten können und wollen. Denn die wichtigste Voraussetzung dafür wären gesicherte EU-Außengrenzen, die eine kontrollierte und begrenzte Migration in die EU ermöglichen.

Davon ist die EU aber meilenweit entfernt. Ob es jemals gelingen wird, die Außengrenzen wirklich zu kontrollieren, ist zwar fraglich, darf aber nicht unversucht bleiben. Gelingt es nicht, werden die EU-Staaten gemeinsam über funktionierende und humanitäre Mindest-Lösungen zur wirksamen Sicherung der EU-Außengrenzen nachdenken müssen. Auch die zweite wichtige Voraussetzung für komplett offene Grenzen ist nicht gegeben: Es gibt keinen verlässlichen Verteilmechanismus in der EU für die ankommenden Flüchtlinge.

Viele EU-Staaten sind nicht bereit, neue Migranten aufzunehmen. Ohne diesen Verteilmechanismus streben die meisten Flüchtlinge weiterhin in den Norden Europas, nach Deutschland, Dänemark oder Schweden. Solange aber in Deutschland unkontrollierte, große Flüchtlingsströme weiterhin möglich bleiben, wird die Bevölkerung den Verzicht auf Grenzkontrollen nicht akzeptieren. Solange wird es dafür auch keine politischen Mehrheiten geben. Die EU-Kommission hat derweil vor allem das Funktionieren des Schengen-Raums im Blick. Eine Rückkehr zum Status vor der Flüchtlingskrise 2015 lässt sich aber von Brüssel nicht einfach erzwingen.

Vorrangige Aufgabe der EU-Kommission und des EU-Ministerrats muss es deshalb sein, endlich die Bedingungen dafür zu schaffen, dass der Schengen-Raum wieder funktionieren kann: Gesicherte Außengrenzen und ein gerechter Verteilmechanismus für Flüchtlinge sind unabdingbar. Gelingt das nicht, wird vor allem die Kommission in den betroffenen Ländern weiter Rückhalt und Respekt verlieren. Die Länder werden es in sechs Monaten auf einen neuen Konflikt mit Brüssel ankommen lassen — und diesen mit großer Wahrscheinlichkeit wieder gewinnen.

(mar)
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