Entscheidung am Bundesverfassungsgericht Dürfen Betreute an Europawahl teilnehmen?

Karlsruhe · Jahrzehntelang waren viele Menschen mit einem gerichtlich bestellten Betreuer von Wahlen ausgeschlossen. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu unrecht. Dürfen sie schon bei der Europawahl im Mai ihre Stimme abgeben? Darüber entscheidet Karlsruhe.

 Eine Frau steckt in einem Wahllokal ihren Stimmzettel in die Urne (Symbolfoto).

Eine Frau steckt in einem Wahllokal ihren Stimmzettel in die Urne (Symbolfoto).

Foto: dpa/Thomas Kienzle

Ab Juli dürfen sich Menschen mit einer gerichtlich bestellten Betreuung in allen Angelegenheiten an Wahlen beteiligen. Ihr bisheriger Ausschluss verstößt nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen das Grundgesetz, der Bundestag hat die Regeln inzwischen geändert. Allerdings noch nicht für die Europawahl am 26. Mai, weswegen die Opposition mit einem Eilantrag zum Bundesverfassungsgericht gezogen ist. Über diesen wird am Montag, 14 Uhr, mündlich verhandelt. Eine Entscheidung will der 2. Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle direkt im Anschluss verkünden.

In Deutschland leben viele Menschen, um die sich Betreuer kümmern, etwa weil sie krank oder verwirrt sind. Für gut 82.000 von ihnen haben Gerichte eine Betreuung in allen Angelegenheiten bestellt. Um diese Gruppe geht es.

Grüne, Linke und FDP wollen trotz der kurzen Zeit bis zur Europawahl am 26. Mai erreichen, dass die Betreuten daran teilnehmen können. Der Stichtag für die Eintragung in das Wählerverzeichnis war Sonntag, 14. April. Die Fraktionen von Union und SPD hatten bei ihrer Entscheidung im März im Bundestag argumentiert, eine Änderung des Gesetzes so kurz vor der Wahl würde in die Vorbereitungen eingreifen. Aus Sicht der Opposition wäre die Aufnahme der betroffenen Personen in das Wählerverzeichnis noch möglich gewesen. Die Aufstellung der Kandidatenlisten sei kein Hindernis, da es zunächst nicht um das passive Wahlrecht gehe.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, hatte die Entscheidung des Bundestags als diskriminierend und nicht verfassungsgemäß kritisiert. Den Antrag der Opposition, die Wahlrechtsausschlüsse im Bundeswahlgesetz und im Europawahlgesetz sofort aufzuheben, hatte der Bundestag zuvor abgelehnt. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Beeck nannte den Ausschluss von Menschen unter Vollbetreuung und Schuldunfähigen von der Europawahl eine Schande für die Demokratie. „Die Einstweilige Anordnung ist der letzte Schritt, diesen Grundrechtsbruch noch zu verhindern.“

(mro/dpa)
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