Interne Analyse CDU-Spitze macht Rechtsruck der Partei für Wahlschlappe mitverantwortlich
Berlin · Die CDU-Spitze macht in einer internen Analyse thematische Schwächen und einen Rechtsruck in Teilen der Partei für die Wahlniederlage vom Sonntag mitverantwortlich. Versäumnisse habe es auch im Umgang mit jungen Wählern und deren Anliegen gegeben.
Ein „vermeintlicher 'Rechtsruck'“ bei der Jungen Union sowie medienwirksame Auftritte der konservativen Werteunion hätten zu einer „deutlichen Abkehr der unter 30-jährigen Wählerinnen und Wähler“ geführt, heißt es in einer Wahlanalyse der Parteizentrale, die AFP am Montag vorlag. Zudem sei es der Partei nicht ausreichend gelungen, mit ihren Themen zu punkten.
„Die Union kämpfte im Europawahlkampf gegen eine für sie ungünstige Themenagenda“, heißt es in der CDU-Analyse. „Es ist nicht gelungen, die eigenen Themen innere und äußere Sicherheit, Frieden und Wohlstand stärker in den Mittelpunkt der Debatten zu stellen.“
Versäumnisse habe es auch im Umgang mit jungen Wählern und deren Anliegen gegeben. In dem internen Papier ist von einer „Serie der Unentschlossenheit“ die Rede. Dies betreffe den „Umgang mit Phänomenen wie 'Fridays for Future' und plötzlich politisch aktivierten YouTubern sowie vor allem der vorhergehende tiefe Einschnitt in der Wahrnehmung der CDU bei jüngeren Zielgruppen durch die Debatten zu den Uploadfiltern“.
Die Union hatte bei der Europawahl massiv an Stimmen verloren. Bei den unter 30-Jährigen erreichte sie nur noch 13 Prozent, weit hinter den Grünen mit 33 Prozent. Bei den Erstwählern betrug der Stimmenanteil der CDU/CSU sogar nur elf Prozent, während die Grünen 36 Prozent erreichten.
JU-Chef Tilman Kuban wies die Kritik aus der Wahlanalyse der Parteiführung scharf zurück. „Das ist ein Schlag ins Gesicht für 100.000 Mitglieder, die vor Ort im Wahlkampf bei Wind und Wetter gekämpft haben“, sagte Kuban den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Dienstagsausgaben). „Das wird die Junge Union nicht so stehen lassen“, fügte Kuban hinzu.
Verärgert zeigte sich auch der Vorsitzende der Werteunion, Alexander Mitsch. Die Mitglieder des konservativen Parteiflügels und der Jungen Union hätten „bis zuletzt für einen Erfolg der CDU/CSU gekämpft“, sagte Mitsch der „Welt“. Dass sie nun zum „Sündenbock“ gemacht werden sollten, zeige, „wie weit manche hauptamtlichen Funktionäre von der Realität und der Parteibasis entfernt sind“, fügte er hinzu.
Sowohl die Werteunion als auch der neue JU-Vorsitzende Kuban hatten im Vorfeld der Wahlen wiederholt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) heftig kritisiert. Beide hatten dabei auch ein härteres Vorgehen in der Innen- und Flüchtlingspolitik gefordert.
In der Analyse der Parteizentrale wird ein Kurswechsel der CDU in der Digital- sowie in der Klimapolitik empfohlen: „Für die kommende Klausurtagung des Bundesvorstands scheinen vor dem Hintergrund des Wahlergebnisses daher zu den bereits verabredeten Punkten zur Prioritätensetzung in der Koalition vorrangig klimapolitische Konzepte und der Umgang der CDU mit Herausforderungen in der digitalen Sphäre als Themen angeraten.“
Das zögerliche Vorgehen der Bundesregierung beim Klimaschutz und das Verfehlen von Klimazielen in Deutschland gelten als eine wichtige Ursache des Absturzes von Union und SPD sowie des Aufstiegs der Grünen. Zudem stimmte die Bundesregierung auf europäischer Ebene der umstrittenen Reform des Urheberrechts und damit dem möglichen Einsatz sogenannter Uploadfilter zu, was vor allem von YouTubern entschieden abgelehnt wird.