„Die Partei“ startet in EU-Wahlkampf „Ich möchte Manfred Weber verhindern“

Berlin · Die Satire-Partei „Die Partei“ um Martin Sonneborn ist am Dienstag offiziell in den Europa-Wahlkampf gestartet. An den Start geht dafür auch Nico Semsrot. Motto: „Für Europa reicht’s“

 Martin Sonneborn und Nico Semsrott (von links).

Martin Sonneborn und Nico Semsrott (von links).

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

„Für Europa reicht’s“ steht auf dem Schild, das Martin Sonneborn vor der Volksbühne Berlin in die Kameras hält. Mit diesem Slogan zieht die Satire-Partei „Die Partei“ in die Europawahl. Zum Wahlkampfauftakt am Dienstag haben sich die Macher offenbar nicht lumpen lassen. Neben dem offiziellen Wahlslogan zieren auch die Nachnamen des Kandidatenduos Sonneborn und Nico Semsrott auf riesigen Bannern das Theater am Rosa-Luxemburg-Platz.

Die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ meint es ernst. Bei der Europawahl am 26. Mai will ihr Vorsitzender Sonneborn seinen zuletzt ergatterten Parlamentssitz in Brüssel verteidigen. Der Ex-Chefredakteur des Satire-Magazins „Titanic“ rechnet sich gute Chancen aus.

„Was wir so an Wahlergebnissen unter Schülern und Studenten haben, das geht schon fast in die zweistelligen Prozentzahlen“, sagte der 53-Jährige. Seine Partei profitiere dabei nicht nur vom Bevölkerungswandel und den „langsam aussterbenden CDU-Wählern“. Auch die „Standpunktlosigkeit“ etablierter Parteien trieben der Partei junge Leute „in Scharen“ zu. „Da müssen wir nur dastehen und warten“, sagte Sonneborn.

Laut Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Insa liegt „Die Partei“ derzeit bei zwei Prozent. 2014 hatte die „Partei“ in Deutschland 0,6 Prozent der Stimmen und damit einen Sitz im Europaparlament bekommen. Etablierte Parteien wie CDU, CSU und SPD waren darüber gar nicht begeistert. Sie hatten sich auf EU-Ebene für eine Sperrklausel eingesetzt, die deutschen Kleinstparteien den Einzug ins Europaparlament erschweren sollte.

„Damit ist die Groko Haram krachend gescheitert“, sagte Sonneborn. Die spöttische Wortschöpfung soll zum einen stellvertretend für die große Koalition stehen, erinnert zum anderen aber auch an eine Terrorgruppe im Norden Nigerias. Es ist gerade solch beißender Humor, an dem sich bei der „Partei“ oft die Geister scheiden. Was die einen schon als geschmacklos empfinden, ist für die anderen gerade richtig. Auch die Frage, wie sinnvoll es ist, wenn Wähler ihr Kreuz bei einer Spaßpartei setzen, sorgt regelmäßig für Diskussionen.

Sonneborn selbst glaubt nicht, dass eine Stimme für seine Partei verschenkt ist. „Die Situation in Europa ist auch zu ernst, um nicht satirisch darauf zu reagieren“, sagte er. Überhaupt ließen sich Standpunkte und politische Überzeugungen besser transportieren, wenn man sie mit einem Witz versieht. Und Standpunkte haben Sonneborn und Semsrott allemal: Sie wünschen sich mehr Demokratie für die EU, weniger Korruption, weniger Steuerwettbewerb und einen Stopp der zunehmenden Militarisierung.

Wie sie das schaffen wollen? „Mein Plan ist es, Kommissionspräsident zu werden“, sagte Semsrott. „Ich möchte Manfred Weber verhindern. Und wenn ich dann Kommissionspräsident bin, dann möchte ich in Europa die Demokratie einführen, notfalls gegen die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler.“ Der 33-Jährige ist aus der ZDF-Satiresendung „heute-show“ bekannt und war für „Die Partei“ bereits bei der Bundestagswahl 2017 angetreten.

Als ein weiteres Ziel hatten Sonneborn und Semsrott bereits im Sommer vergangenen Jahres angegeben, der AfD Wähler abzujagen. Deswegen wolle man auch Parteimitglieder als Kandidaten aufstellen, die die gleichen Nachnamen wie bekannte Nazis tragen, erklärte das Spitzenduo. Als Beispiel nannten sie Namen wie Göbbels (in dieser Schreibweise), Göring, Speer und Eichmann. „Wir glauben, dass das Namen sind, die keinen guten aber doch einen Klang haben in Europa“, sagte Sonneborn. Eventuell könnte dies auch „verwirrte CSU-Wähler“ oder „demente CDU-Wähler“ zu einem Kreuz bei der „Partei“ verleiten.

Ein festes Wahlprogramm gibt es bei all den Vorhaben trotzdem nicht. Die heutige Zeit verlange Flexibilität, heißt es auf der Website der Partei. Daher können sich Interessierte je nach persönlicher Meinung das Wahlprogramm mithilfe eines Generators individuell zusammenstellen. „Man bekommt ein auf sich zugeschnittenes Wahlprogramm, das ist also Populismus pur“, sagte Sonneborn. Wie er habe auch Semsrott den Generator ausprobiert. „Ich erinnere mich aber nicht mehr an das Ergebnis“, sagte Sonneborn. „Man weiß ja, dass das eh nicht umgesetzt wird.“

(lukra/dpa)
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