Referendum über europäischen Fiskalpakt Europa fürchtet ein irisches Nein

Dublin · Ganz Europa schaut an diesem Donnerstag nach Irland, wenn dort per Referendum über den Fiskalpakt abgestimmt wird. Denn die Iren sind bekannt als europäische Nein-Sager. Den Pakt bringen sie bei einer Ablehnung zwar nicht zum Scheitern. Dennoch könnte ein solches Ergebnis bittere Konsequenzen haben.

Die Kernpunkte des Fiskalpaktes
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Foto: dapd, Michael Probst

Es war im Jahr 2008, als die Iren innerhalb der Europäischen Union für den Schockmoment sorgten. Damals sprachen sich 53 Prozent der Bevölkerung gegen den Vertrag von Lissabon aus. Erst nach dem Ja im zweiten Referendum konnte der Vertrag überhaupt in Kraft treten.

Ein solches Veto-Recht gibt es bei der Abstimmung über den Fiskalpakt nicht. Um ihn in Kraft treten zu lassen, müssen nur zwölf der 17 Euro-Länder zustimmen. Eine weise Voraussicht, denn schon bei den Verhandlungen zu dem Pakt hatte es mächtig geknirscht zwischen den EU-Staaten. Großbritannien etwa will sich um keinen Preis daran beteiligen.

Milliardenhilfen von der EU

Bei den Iren ist die Lage etwas anders. Denn das Land ist nicht nur Mitglied der Eurozone, sondern wurde 2010 auch mit 67,5 Milliarden Euro von EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank vor der Pleite gerettet. Seither hat die Regierung als Bedingung für die Milliarden einen Sparkurs nach dem anderen auflegen müssen — und Irland galt schnell als Musterland unter den sparenden Schuldenländern.

Der Fiskalpakt verlangt ebenfalls eine strikte Haushaltsdisziplin und eine verpflichtende Schuldenbremse. Doch mancher Ire hat genug vom Sparen. Viele weigern sich etwa, die neu eingeführte Grundsteuer auf ihre Häuser zu zahlen. Und die Arbeitslosenquote im Land ist mit 14,5 Prozent noch immer sehr hoch.

Das spielt den Gegnern des Paktes in die Hände — zumal die Iren solche Referenden auch gern mit der Arbeit der Regierung in Verbindung bringen. Und der irische EU-Abgeordnete Paul Murphy sagte der Nachrichtenagentur dapd: "Es gibt eine enorme Anti-Merkel-Stimmung in der Bevölkerung." Die Menschen empfänden den Pakt als krasse Erpressung.

Das Poltern des Francois Hollande

Denn sollte Irland Nein dazu sagen, bekäme es in Zukunft keine Hilfen mehr von der EU, da ein Ja zum Fiskalpakt als Voraussetzung dafür gilt. Aus diesem Grund hat die Regierung in den vergangenen Wochen massiv für den Fiskalpakt geworben. Den letzten Umfragen nach sieht es gut aus: 60 Prozent haben sich im Vorfeld für den Fiskalpakt ausgesprochen. Doch noch sind viele Wähler unentschlossen und das Blatt kann sich in Irland schnell drehen.

Sollte bei der Volksabstimmung ein Nein das Ergebnis sein, hätte dies aber nicht nur Auswirkungen auf die finanziellen Hilfen für das Land, sondern auch auf die EU. Denn noch haben nur wenige Länder den Fiskalpakt unterschrieben. Und seit der Wahl des französischen Präsidenten Francois Hollande knirscht es ohnehin im europäischen Getriebe.

Der Franzose will Neuverhandlungen zum Fiskalpakt und bekäme mit einem Nein aus Irland enormen Auftrieb. Bislang haben zwar die meisten Länder signalisiert, zustimmen zu wollen, doch ob das so bleibt, wird erst die Zukunft zeigen. Und ausgerechnet ein Nein eines Schuldenlandes wie Irland würde den europäischen Zusammenhalt in der Krise wieder einmal schwächen.

mit Agenturmaterial

(das)
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