Schuldenstreit mit Athen Eurogruppen-Chef: Griechenland muss auf Reformpfad bleiben

Brüssel · Gut zwei Wochen nach dem Regierungswechsel in Griechenland ist der Schuldenstreit mit den Euro-Ländern in die heiße Phase gegangen. Athen will im Februar das Hilfsprogramm nicht verlängern. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem forderte die Griechen auf, "auf dem Reformpfad" zu bleiben.

 Eurogruppen-Chef Dijsselbloem: Griechenland soll nur unter strengen Bedingungen weitere Finanzhilfen erhalten.

Eurogruppen-Chef Dijsselbloem: Griechenland soll nur unter strengen Bedingungen weitere Finanzhilfen erhalten.

Foto: dpa, yk ase lof

In Brüssel traf Finanzminister Giannis Varoufakis am Mittwochabend erstmals mit seinen Kollegen aus der Währungsunion zusammen, um seine Pläne für eine Lockerung der Spar- und Reformpolitik zu erläutern. Das Parlament in Athen stärkte Regierungschef Alexis Tsipras zuvor mit einem Vertrauensvotum den Rücken.

Bei dem Sondertreffen der Finanzminister der Eurozone ging es um die Zukunft des Hilfsprogramms für das hochverschuldete Griechenland. Dieses läuft Ende Februar aus. Athen will das Programm nicht verlängern und einen Teil der mit den internationalen Gläubigern vereinbarten Reformen zurücknehmen. Dazu gehört die Wiedereinstellung tausender Beamter, die Erhöhung des Mindestlohns sowie der Stopp von Privatisierungen.

"Die Provokationen sollten ein Ende haben", sagte Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling. Notwendig sei eine Diskussion "auf sachlicher Ebene". Die zentrale Frage sei, ob Athen nur ein "Wunschprogramm" oder einen konkreten Vorschlag vorlege, der von den Euro-Finanzministern über das Wochenende bis zum nächsten Treffen am Montag beraten werden könne.

"Jedes Land ist völlig frei zu tun, was es will", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er sehe aber nur zwei Möglichkeiten: Entweder werde das laufende Hilfsprogramm "ordentlich zu Ende gebracht oder wir haben kein Programm". Wenn Athen das Programm verlasse, "dann sind wir ganz gespannt, was Griechenland für Vorstellungen hat", sagte Schäuble. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem forderte die Griechen auf, "auf dem Reformpfad" zu bleiben.

Varoufakis zeigte sich "zuversichtlich, dass wir heute ein sehr konstruktives Treffen haben werden". Auf die Frage, ob ein Austritt aus der Eurozone zur Debatte stehe, sagte er, "natürlich nicht".

In der Nacht zum Mittwoch sprach das griechische Parlament dem neuen Regierungschef Tsipras mit 162 von 299 anwesenden Abgeordneten das Vertrauen aus. Vor dem Votum bekräftigte der Vorsitzende der Linkspartei Syriza die Haltung Athens und attackierte Schäuble. Athen werde "das Hilfspaket nicht verlängern, egal was Schäuble fordert". Er warf dem deutschen Finanzminister "irrationale" Vorschläge vor.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte bei einem Besuch seines griechischen Kollegen Nikos Kotzias in Moskau, sollte Griechenland ein Hilfsgesuch stellen, werde dieses "natürlich in Betracht gezogen". Der griechische Verteidigungsminister Panos Kammenos hatte am Dienstag gesagt, sein Land könne sich an China, Russland oder die USA wenden, wenn es im Schuldenstreit mit den Euro-Ländern keine Einigung gebe. Kotzias hatte allerdings bei seinem Besuch in Berlin betont, Europa sei Griechenlands Favorit.

Mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verständigte sich Tsipras darauf, einen Reformplan auszuarbeiten, um die Wirtschaft des Landes anzukurbeln. Schon am Montagabend war aus dem griechischen Finanzministerium verlautet, dass mit der OECD ein Plan mit zehn Schritten vorbereitet werde. Demnach will Athen 70 Prozent seiner bisherigen Reform-Verpflichtungen erfüllen, 30 Prozent aber durch eigene "maßgeschneiderte" Reformen ersetzen. Eine entsprechende Vereinbarung soll am 1. September in Kraft treten, bis dahin soll offenbar ein Überbrückungskredit die Finanzierung sichern.

Die griechische Regierung hat bisher die Bevölkerung bei ihren Plänen hinter sich. Einer Umfrage für den Fernsehsender Mega zufolge bewerten fast 80 Prozent der Griechen Tsipras' Regierungsprogramm als positiv. Zudem gaben 73,6 Prozent der Befragten an, sie rechneten mit einem Kompromiss zwischen Athen und Brüssel im Schuldenstreit. Nach deutlichen Gewinnen am Dienstag zeigte sich die Athener Börse am Mittwoch skeptischer. Dort fielen die Kurse um gut vier Prozent.

(AFP)
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