Koalitionspolitiker gegen Anleihenankäufe Euro-Rettung wird zur Zerreißprobe

Berlin · Nach Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker verlangt auch US-Finanzminister Timothy Geithner von Berlin noch mehr Risikobereitschaft. Doch Koalitionspolitiker stemmen sich gegen Pläne zum massiven Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank und die Rettungsfonds.

Schäuble und Geithner treffen sich auf Sylt
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Berliner Regierungskoalition und Bundesbank stehen in der Euro-Krise international zunehmend isoliert da: Erst erklärte Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker, der Euro müsse "mit allen verfügbaren Mitteln" verteidigt werden, dann warb US-Finanzminister Timothy Geithner für massivere Schritte zur Euro-Rettung, die in der Berliner Koalition jedoch höchst umstritten sind.

Juncker zufolge werde "in den nächsten Tagen" entschieden, wie die Euro-Zone auf die jüngste Zuspitzung der Krise reagieren werde. Im Gespräch sind neue Käufe von Staatsanleihen bedrohter Euro-Länder durch die Europäische Zentralbank (EZB). Auch der Rettungsfonds EFSF könnte bald damit beginnen, Anleihen aufzukaufen, um die Zinsen für Spanien und Italien zu drücken.

Geithner bei Schäuble auf Sylt

Anleihegeschäfte der EZB sind umstritten, weil die Notenbank damit den Reformdruck von den krisengeschüttelten Staaten nimmt. Bundesbankpräsident Jens Weidmann kritisiert die damit einhergehende Verwischung von Geld- und Fiskalpolitik: Die EZB löse Probleme, die eigentlich die Regierungen der Euro-Staaten mit Reform- und Sparprogrammen lösen müssten. Da die EZB durch den Ankauf von Anleihen frisches Geld in die Märkte pumpt, wird eine erhöhte Inflationsgefahr befürchtet. Sie könne die Anleihen später wieder verkaufen und ihr Geld wieder einsammeln, argumentiert dagegen die EZB.

EZB-Chef Mario Draghi hatte vergangene Woche für Aufsehen gesorgt. In London erklärte er, die Notenbank werde alles tun, um den Euro zu retten. An den Finanzmärkten schürte dies die Erwartung, der EZB-Rat werde am Donnerstag die Wiederaufnahme seines seit März ruhenden Anleihekaufprogramms verkünden.

Nach einer Kurzvisite Geithners bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf dessen Urlaubsinsel Sylt am Montag äußerten sich beide zuversichtlich "hinsichtlich der Reformanstrengungen in den Euro-Mitgliedstaaten und des Gelingens weiterer Integrationsfortschritte". Irland und Portugal seien positive Beispiele, und auch Spanien und Italien unternähmen "beachtliche Anstrengungen". Am Abend traf Geithner auch EZB-Chef Draghi in Frankfurt am Main.

Kritik an möglichen EZB-Anleihenkäufen

Bekannt ist allerdings, dass die USA Deutschland seit Langem drängen, einer massiven Ausweitung des Anleihekaufprogramms der EZB zuzustimmen. Auch tritt US-Präsident Barack Obama für die verstärkte Integration Europas ein, was für ihn gleichbedeutend ist mit einer Haftungs- und Transferunion. Obama möchte im Herbst wieder gewählt werden. Eine Zuspitzung der Euro-Krise, die eine weltweite Rezession auslösen könnte, könnte dies vereiteln.

Politiker von CDU und CSU übten scharfe Kritik an Juncker und Draghi. "Ich beobachte mit Sorge, dass sich Jean-Claude Juncker auf die Seite von EZB-Chef Mario Draghi schlägt und offenbar neue Anleihekäufe der EZB unterstützt", sagte der Chef-Haushälter der Unionsfraktion, Norbert Barthle. Es sei "nicht Kernaufgabe der EZB, Staaten zu stützen", so Barthle. "Anleihekäufe der EZB bedeuten eine weitere Vergemeinschaftung von Schulden, ohne dass diese an Bedingungen geknüpft werden könnte", kritisierte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach.

Besonders hart ging die CSU mit Juncker ins Gericht, weil dieser Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) eine Mitverantwortung für die Zuspitzung der Krise gegeben hatte. Juncker sei an Unverfrorenheit nicht zu überbieten, wetterte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt.

(mar)
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