Besoldung deutscher Beamter EuGH-Urteil dämpft Hoffnung auf Nachzahlungen

Brüssel · Deutsche Beamte können ihre Hoffnungen auf Gehaltsnachzahlungen wegen Altersdiskriminierung wohl begraben. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Donnerstag von den Staatsdienern beanstandete deutsche Vorschriften für vereinbar mit dem EU-Recht erklärt.

 Der EuGH hat die Frage nach der Bematenbesoldung geregelt.

Der EuGH hat die Frage nach der Bematenbesoldung geregelt.

Foto: dpa, nb_mda nic fpt mjh

Es geht um eine - mittlerweile abgeschaffte - deutsche Regelung, laut der die Besoldung eines Beamten von seinem Lebensalter abhängt. Das Urteil ist eine Überraschung: denn die höchsten EU-Richter wichen damit von der Einschätzung des Generalanwaltes des Europäischen Gerichtshofes ab. Dieser hatte die Auffassung vertreten, das EU-Recht schreibe einen rückwirkenden Schadenersatz vor. Meist folgen die Richter dem Urteil des Generalanwaltes.

In diesem Fall jedoch nicht. Es gebe nach EU-Recht keine Verpflichtung, den wegen ihres Alters diskriminierten Beamten rückwirkend einen Ausgleich zwischen dem tatsächlichen und dem höchstmöglichen Gehalt ihrer Besoldungsgruppe zu zahlen, so das Fazit des EuGH.

Mehrere Beamte des Bundes und des Landes Berlin hatten geklagt, weil sie sich wegen ihres Alters diskriminiert fühlten. Der Hintergrund: Neben der Tätigkeit richtete sich die Beamtenbesoldung früher bundesweit nach Altersstufen. Nach einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2000 dürfen Arbeitnehmer allerdings nicht wegen ihres Alters diskriminiert werden. Für Bundesbeamte seit 2009 und in Berlin seit 2011 knüpft die Besoldung daher an "Erfahrungsstufen" und die Dienstzeit an.

Nach Übergangsregelungen in Berlin gilt dies allerdings nur für den künftigen Aufstieg. Beamte werden gemäß ihrem früheren Grundgehalt — das sich nach dem Alter richtet - in die neue Besoldungsstruktur eingeordnet. Die ehemals diskriminierten Beamten wollten nun rückwirkend einen Ausgleich zum theoretisch höchstmöglichen Sold haben.

Nach Einschätzung des EuGH verstößt es aber nicht gegen EU-Recht, wenn eine Übergangsregelung die neue Besoldungsstufe auf der Grundlage des im alten System erworbenen Grundgehalts festlegt - obwohl dieses alte System auf einer Altersdiskriminierung beruhte. Es sei auch rechtens, dass sich der weitere Aufstieg in höhere Besoldungsstufen allein nach der Berufserfahrung bemesse, die seit Inkrafttreten der Neuregelung erworben werden.

Der EuGH argumentierte, die Berliner Übergangsregelung diene dem Besitzstandsschutz der Beamten und sei daher durch einen "zwingenden Grund des Allgemeininteresses" gerechtfertigt. Damit folgten die Luxemburger Richter den Argumenten Berlins, eine rückwirkende Regelung bei gleichzeitigem Bestandsschutz hätte das hoch verschuldete Land finanziell überfordert.

Weiter entschied der EuGH, dass die Antidiskriminierungsrichtlinie der EU rückwirkende Entschädigungen für die Zeit vor ihrer Verabschiedung im Jahr 2000 nicht vorsehe. Das Verwaltungsgericht Berlin soll nun allerdings prüfen, ob Deutschland bezüglich der Beamtenbesoldung die Richtlinie rasch genug umgesetzt hat.

Bei einem Erfolg der Kläger hätten nicht nur dem Bund und dem Land Berlin erhebliche Schadenersatzansprüche gedroht. Mehrere deutsche Bundesländer hatten sich bei der Aufstellung ihrer Haushalte bereits auf Schadenersatz-Forderungen eingestellt. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Frankfurt am Main unterstrich, dass nach wie vor offen sei, ob es Nachzahlungen gebe oder nicht. Das Bundesinnenministerium zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung des EuGH. Die Entscheidung zeige Augemaß und setze "besoldungsrechtlichen Nachforderungen enge Grenzen".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort