Helle Thorning-Schmidt EU setzt Hoffnung auf eine Dänin

Kopenhagen · Sie kennt die Mechanismen auf dem politischen Parkett Europas in- und auswendig. Schließlich saß Helle Thorning-Schmidt bis 2004 fünf Jahre lang für die dänischen Sozialdemokraten im EU-Parlament, war dort Mitglied im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. In den kommenden sechs Monaten ist es an der 45-Jährigen, als EU-Ratspräsidentin das von der Schuldenkrise gebeutelte Europa wieder auf Kurs zu bringen.

Helle Thorning-Schmidt - die dänische Wahlsiegerin
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Es wird eine Mammut-Aufgabe für die eloquente Ministerpräsidentin, die sich in ihrer dänischen Heimat wegen ihres luxuriösen Kleidungsstils den Spottnamen "Gucci-Helle" eingefangen hat. Angesprochen darauf, wie wenig der kostspielige Stil bei der sozialdemokratischen Wählerschaft ankomme, antwortete Thorning-Schmidt einmal schlagfertig: "Wir können doch nicht alle gleich aussehen."

Der Umgang mit Krisen ist Thorning-Schmidt bestens bekannt: Seit 2005 steht sie an der Spitze der dänischen Sozialdemokraten und versucht, den Genossen, die den Machtverlust 2001 nie ganz überwinden konnten, Mut zu machen. Und so gelang es ihr im vergangenen Jahr, die Sozialdemokraten im Königreich wieder an die Macht zu führen. Zwar fuhr die Politikwissenschaftlerin und Mutter zweier Töchter bei den Wahlen vor drei Monaten ein historisch schlechtes Ergebnis für ihre Partei ein.

Allerdings reichten die Stimmen, die auf alle Partner ihres Mitte-links-Bündnisses entfielen, um die konservative Regierung abzulösen. Seitdem hakt es allerdings: Thorning-Schmidts erste Tage im Amt waren überschattet von Personalquerelen und einer Debatte über das Steuergebaren ihres Mannes. Entsprechend Federn musste die Ministerpräsidentin in den Umfragen lassen.

Fraglich ist auch, inwieweit sich die Regierungschefin im eigenen Land mit dem Thema Europa profilieren kann. Die Dänen gelten als äußerst EU-skeptisch, haben etwa den Vertrag von Maastricht in einer Volksabstimmung zunächst abgelehnt und erst unter großen Zugeständnissen der übrigen Staaten dann doch noch angenommen.

Zuletzt machte Thorning-Schmidts Vorgängerregierung negative Schlagzeilen, indem sie die Grenzkontrollen zu den Nachbarstaaten verschärfte — ein Affront für die Anhänger des Schengen-Abkommens.

Thorning-Schmidt reagierte nach der Machtübernahme prompt und fuhr den Kontrollaufwand drastisch zurück. Auch berief sie einen eigenen EU-Minister. Während der siebten EU-Ratspräsidentschaft ihres Landes will die Sozialdemokratin nicht weniger leisten, als eine weitere Spaltung zwischen den Euro-Ländern und den restlichen EU-Staaten, zu denen auch Dänemark gehört, abzuwenden.

(RP/pst/das)
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