EU-Rechnungshof mit fatalem Befund Anteil der Güter per Schiene schrumpft statt zu wachsen

Brüssel/Luxemburg · Der Verkehr gehört zu den wichtigsten Bereichen des Klimaschutzes. Deshalb sollen seit Jahrzehnten mehr Güter von der Straße auf die Schiene und den Fluss. Der Europäische Rechnungshofes hat sich das angeschaut. Sein Bericht ist ein einziges Armutszeugnis.

Ein Güterzug mit Containern nahe Nürnberg.

Foto: dpa/Armin Weigel

In der Theorie ist das alles ganz prima: Mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene, bis 2030 auf 30 und bis 2050 auf 50 Prozent. Dazu baut die EU einfach zu handhabende Kombinationen aus Schienen- und Wasser-Transport für die langen Strecken mitsamt Lkw-Verkehr für die letzten Kilometer aus, damit die Klimaziele auch im Verkehr erreicht werden. Wie denn da der Zwischenstand nach den ehrgeizigen Zielen aus dem Jahr 2011 ist, wollte der Europäische Rechnungshof wissen. Sein Befund muss die Klimaschutz-Verantwortlichen der EU alarmieren: Statt ordentlich voranzukommen, ist die Entwicklung sogar rückläufig. Und der Trend, dass von der Schiene mehr auf die Straße verlagert wird, hält sogar an.

Der Hintergrund macht die Feststellungen nur noch bedrückender. Zwar sind die Lkw durch verbesserte Technik deutlich sauberer geworden. Doch kommt die Europäische Umweltagentur immer noch auf ein Verhältnis von 137 zu 33 zu 24. Pro Tonne Fracht werden von den Brummis 137 Gramm CO2 produziert, von den Binnenschiffen 33 und von den Güterzügen 24. Und da der Gesamtumschlag deutlich zugelegt hat, schlägt ein Wechsel hin zum Lkw fürs Klima noch schlimmer zu Buche. Es liegt daher auf der Hand, dass die Güter vor allem die weiten Entfernungen in Europa zwischen Ost und West, Nord und Süd, kreuz und quer per Bahn und Schiff zurücklegen sollten, wenn die EU klimaneutral werden will. Doch genau das klappt nicht.

Angeschaut hat sich der Rechnungshof die Verhältnisse in sieben EU-Ländern: In Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Polen, Spanien und Kroatien. Denn so wollten die Tester die Realisierung der Klimaschutzziele im Verkehr exemplarisch auf den Rhein-Alpen-, Nord-Ostsee, Atlantik- und Mittelmeer-Korridoren erfassen. Das Ergebnis: Obwohl die EU in den zurückliegenden sechs Jahren insgesamt 1,1 Milliarden Euro in Projekte verbesserter Intermodalität, also dem flexiblen Wechsel der Güter zwischen Schiene, Fluss und Straße investierte, nahm der Anteil des Gütertransportes per Lkw weiter zu und liegt nach 75 Prozent vor einem Jahrzehnt nun bei 77 Prozent, Tendenz steigend.

Das liegt daran, dass der Transport auf der Straße der flexibelste und oft auch der schnellste und billigste Weg ist. Während für die Laster viele bürokratische Hemmnisse im grenzüberschreitenden Verkehr fielen, blieben sie bei den klimafreundlichen Alternativen bestehen. So habe sich die Kommission vergeblich darum bemüht, die Digitalisierung in die Güterschifffahrt zu bringen. Die Mitgliedstaaten halten stattdessen daran fest, dass die Hafenbehörden auf dem Weg der Waren ein spezielles Begleit-Papier abstempeln müssen. Während Lkw-Fahrer problemlos durch ganz Europa unterwegs sind, müssen bei der Bahn die Zugführer in jedem neuen Sprachraum ausgetauscht werden. Und selbst wenn Logistiker guten Willens sind und ihre Fracht mit Bahn und Schiff planen wollen, fehlen ihnen die Informationen, wo wann welche Kapazitäten zur Verfügung stehen. Dann lassen sie es natürlich.

Hatte die EU vor drei Jahrzehnten die Zielmarken in der Erwartung bestimmt, dass Güterzüge künftig 1500 Meter lang sein würden, liegt die Höchstlänge immer noch bei weniger als der Hälfte - und obendrein kann damit auch nur die Hälfte des Streckennetzes befahren werden. Weil die Nationen den Verkehr vor allem national planen, weiß die EU in Brüssel nicht einmal, wie die Situation EU-weit ist, weil die übermittelten Daten fehlen oder nicht kompatibel sind.