Ringen der Landwirtschaft mit Wasserknappheit „Dürre ist zu einem globalen Trend geworden“

Analyse | Berlin · Die Klimakrise stellt auch die Landwirtschaft vor große Herausforderungen – insbesondere die Frage, wo die großen Wassermengen herkommen sollen. Wie nachhaltige Wassernutzung aussehen kann.

 Angesichts von Trockenheit und Hitzewellen sorgen sich deutsche Landwirte immer öfter um ihre Ernte.

Angesichts von Trockenheit und Hitzewellen sorgen sich deutsche Landwirte immer öfter um ihre Ernte.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Während die Temperaturen von Jahr zu Jahr steigen, sinken die Wasserspiegel immer weiter. Der Klimawandel führt zu immer längeren Trockenzeiten. Das stellt besonders die Landwirtschaft vor große Herausforderungen. Denn ohne ausreichend Wasser können die Pflanzen auf den Feldern nicht wachsen und die Tiere nicht ausreichend versorgt werden. Deshalb werden die Forderungen nach einer nachhaltigen Wassernutzung immer lauter. Doch wie nachhaltig ist das aktuelle Wassermanagement in der Landwirtschaft? Und welche Möglichkeiten gibt es, Wasser in der Fläche und in den Böden zu halten? Diesen Fragen gingen Experten am Freitag auf einer Konferenz zur Klimakrise und Wasserverfügbarkeit nach.

„Wir können nicht so tun, als könnten wir mit allem so weiter machen“, sagte Martin Häusling, Mitglied im Europäischen Parlament. Der agrarpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion hatte zu der Veranstaltung eingeladen, um über Herausforderungen und mögliche Lösungen zu diskutieren. Denn der Umgang mit Wasser sei in Europa aktuell weder ökonomisch noch ökologisch. Ein besorgniserregendes Problem angesichts der Vorhersagen.

Wie im vergangenen Jahr sind schon jetzt große Teile Europas von einem Niederschlagsmangel betroffen. „Dürre ist zu einem globalen Trend geworden“, wie Andrea Toreti berichtete, Senior Researcher bei der gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission. Sollten keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden, könnte die anhaltende Trockenheit erhebliche Folgen für die Landwirtschaft haben: Alle wichtigen Gebiete, in denen aktuell Getreide angebaut wird, wären klimatisch dafür dann nicht mehr geeignet.

Von einer Anpassung des Verbrauchs kann laut dem Wasserexperten und Ökologen Hans Jürgen Hahn aber keine Rede sein. Der Geschäftsführer des Instituts für Grundwasserökologie warnte vor der Übernutzung des Grundwassers. Die Grundwasserneubildungsrate in Süddeutschland ist seit 2003 um 25 Prozent gesunken. „Das bedeutet, dass wir 25 Prozent weniger Grundwasser zur Verfügung haben. Das ist gewaltig“, sagte Hahn. Die Niederschläge fließen zum Großteil oberirdisch ab, vor allem wenn die Böden wassergesättigt sind oder nach langer Dürre kein Wasser aufnehmen können. Die steigenden Temperaturen tragen zu einer starken Verdunstung bei. Und was verdunstet oder oberirdisch abfließt, fehlt laut Hahn in der Landschaft.

Wie viel Wasser in den Gebieten verfügbar ist, lässt sich den regionalen Wasserbilanzen entnehmen. Doch auch hier sieht Hahn Schwächen. Zum einen seien die zugrunde liegenden Zahlen sehr alt, zum anderen sei die Datenlage sehr dünn. Die Folge: In vielen Fällen, in denen über Wasserentnahme entschieden werde, gäbe es keine Informationen über den realen Wasserstand. Eine nachhaltige Nutzung sieht Hahn zufolge anders aus.

Ein Beispiel für eine Möglichkeit der Wasserspeicherung gab Andrea Beste. Die Untersuchungen der Agrarwissenschaftlerin haben ergeben, dass die Böden vor allem wegen fehlender Organismen in der Erde verdichtet sind. Intensive Landwirtschaft mit wenig Fruchtfolgewechsel, mit intensiver Düngung und hohem Pestizideinsatz führe zu jenem Mangel an Biodiversität. Ein schlechtes Bodengefüge kann wiederum kaum Wasser speichern.

Um die Bodenstruktur zu fördern, müsse ein Stoffwechselaustausch unter der Erde stattfinden – mithilfe von Wurzeln. Neben organischem Material – wie zum Beispiel Kompost – sind Wurzeln in Kombination mit Boden-Organismen der wichtigste Bestandteil von Humus. Die Anwendung von Kompost, Gründüngung und Fruchtfolge – also die Abfolge verschiedener Nutzpflanzen, die auf einem Feld angebaut werden – haben deshalb einen positiven Einfluss auf die Diversität in der Erde. Auch Mischkulturen, wie die Agroforstwirtschaft, tragen zur Unterstützung der Bodenstruktur bei. Hierbei werden Bäume oder Sträucher mit Ackerkulturen oder Tierhaltung auf einer Fläche kombiniert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort