Strengere Banken-Eigenkapitalregeln EU-Kompromiss scheitert an Großbritannien

Brüssel · Nach langem Streit wollen sich die europäischen Finanzminister nun Mitte Mai endgültig auf strengere Banken-Eigenkapitalregeln einigen. Ein Kompromiss scheiterte in der Nacht zum Donnerstag vor allem am zähen Widerstand Großbritanniens, das auf nationale Ausnahmen pocht, berichteten Diplomaten am frühen Donnerstagmorgen in Brüssel nach 16-stündigen Marathonverhandlungen.

Finanztransaktionssteuer: Fragen und Antworten
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"Wir haben einen riesigen Fortschritt gemacht, es muss aber noch technische Arbeit erledigt werden", sagte die dänische Ressortchefin und amtierende EU-Ratspräsidentin Margrethe Vestager. "Ein oder zwei Delegationen stimmten am Ende nicht zu."

Die EU will mit der ausgesprochen umfangreichen Gesetzgebung das sogenannte Basel-III-Abkommen für strengere Eigenkapitalvorgaben umsetzen. Damit sollen 8300 Geldhäuser in Europa weniger anfällig für Krisen werden. Die Union steht unter Zeitdruck, denn schon Anfang kommenden Jahres sollen die Regeln in europäisches Recht übertragen werden.

Die Grundsatz-Einigung soll nun beim nächsten Ministertreffen am 15. Mai erreicht werden. Danach werden die Verhandlungen mit dem Europaparlament aufgenommen, das bei der Gesetzgebung mitentscheidet.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte in der Nacht: "Alle haben den Willen, eine Lösung zu finden." Er fügte hinzu: "Wenn wir zu wenig Eigenkapital haben, dann sind die Banken ein Risikoträger für die Stabilität des Finanzsystems."

Umstritten war unter anderem, unter welchen Bedingungen Mitgliedstaaten noch strengere Regeln für ihre heimischen Geldhäuser erlassen können. Dabei ging es auch um die Frage, wie dann Tochterunternehmen von strenger regulierten Banken in europäischen Nachbarländern behandelt werden.

Im Streit um weitere nationale Anforderungen an Bankenkapital hatten die Dänen zunächst bis zu drei Prozentpunkte zusätzliche Kernkapitalquote vorgeschlagen. Darüber könnten Länder entscheiden, ohne dass Brüssel reinreden darf. Schweden pochte aber auf fünf Punkte. Vestager sagte nach den Beratungen: "Im Inland sind fünf Prozent einfach möglich. Damit werden einige kritische Stimmen beantwortet."

Der britische Ressortchef George Osborne brachte besonders viele nationale Sonderwünsche vor, weil er nach eigener Auffassung mit London den wichtigsten Bankenplatz in Europa vertritt. "Ich gehe nicht nach draußen, um dann wie ein Idiot auszusehen", sagte er mit Blick auf mögliche Kritik seiner heimischen Öffentlichkeit zu einem mit heißer Nadel gestrickten EU-Kompromiss zu Basel III.

EU-weit wird zunächst für Banken eine Gesamtkapitalquote von acht Prozent vorgeschrieben, wobei ein stufenweise steigender Anteil auf das Kernkapital entfällt. Das Kernkapital ist Kapital, das unmittelbar haftbar ist. Außerdem sollen die Kreditinstitute in der Zukunft zusätzliche Kapitalpuffer aufbauen. Auch auf diese Polster sollen sie in einer Krise zurückgreifen können.

Nach Schätzungen der EU-Kommission dürften sich die nötigen Eigenmittel bis 2015 auf insgesamt 84 Milliarden Euro belaufen. Bis 2019 werden sich demnach die zusätzlichen Gelder auf 460 Milliarden Euro summieren.

(dpa)
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