Wirtschaftsweiser Peter Bofinger "EU-Gipfelbeschlüsse sind unzureichend"

Berlin · Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat die bisherigen Ergebnisse des EU-Gipfels als unzureichend bezeichnet. "Das reicht noch nicht. Der Euro ist erst gerettet, wenn das Insolvenzrisiko für Italien und Spanien definitiv aus der Welt geschafft ist", sagte Bofinger unserer Redaktion. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle, sieht Europa dagegen nach den Ergebnissen des EU-Gipfels in Brüssel auf einem guten Weg.

 Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat die EU-Gipfelbeschlüsse als unzureichend bezeichnet.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat die EU-Gipfelbeschlüsse als unzureichend bezeichnet.

Foto: ddp

"Europa wird nicht kleiner, sondern stabiler", sagte Brüderle unserer Redaktion. "Das sind gute Ergebnisse aus Brüssel, die Europa insgesamt stärken. Die Euroländer zeigen Handlungsfähigkeit und schaffen die Grundlage für eine europäische Stabilitätsunion." Eine Spaltung Europas befürchtet der FDP-Politiker nicht und verwies darauf, dass die anderen EU-Staaten die Möglichkeit hätten, das neue Tempo mitzugehen. "Die deutsche Stabilitätskultur wird zum Exportmodell. Wichtig ist, dass Eurobonds und eine Banklizenz für den ESM dank unseres Widerstandes vom Tisch sind."

 Der FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sieht die Beschlüsse durchaus als positiv für Europa an.

Der FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sieht die Beschlüsse durchaus als positiv für Europa an.

Foto: dapd, dapd

Bofinger sagte dagegen, dass die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angestrebte Fiskalunion zwar helfen könne, den Euro langfristig zu stabilisieren. "Kurzfristig bringt sie jedoch nichts. Frau Merkel wendet die falsche Therapie an", sagte Bofinger. "An einer gemeinschaftlichen Haftung im Euro-Raum führt kein Weg vorbei, will man Italien und Spanien endgültig aus der Schusslinie nehmen", sagte das Mitglied im Sachverständigenrat zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung .

Bofinger riet den Regierungen zu einem gemeinsamen Schuldentilgungsfonds, wie ihn der Sachverständigenrat im November vorgeschlagen hatte. Darin würden alle Schulden der Länder oberhalb von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgelagert.

12-Punkte-Plan zur Rettung des Euro

Peter Bofinger hat unterdessen zusammen mit den Spitzen von SPD und Grünen einen Zwölf-Punkte-Plan zur Euro-Rettung vorgelegt. Darin kritisieren die Unterzeichner die Strategie von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Euro-Länder zu mehr Haushaltsdisziplin zu zwingen, als zu einseitig. Die Ursachen der Krise hätten sich in den vergangenen knapp zwei Jahren verändert. Heute lägen sie nicht mehr in der zu hohen Verschuldung der Länder, sondern in einem allgemeinen Vertrauensverlust der Kapitalanleger in den Euro-Raum.

Nur eine gemeinschaftliche Haftung der Euro-Länder könne dieses Problem aufheben. Unterzeichnet wurde das Papier von SPD-Chef Sigmar Gabriel, SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, den Grünen-Parteichefs Cem Özdemir und Claudia Roth, den Grünen-Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin und Renate Künast sowie Peter Bofinger.

(felt)
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