Kommentar zur Entscheidung in Karlsruhe ESM muss EZB als Kriseninstrument ersetzen

Berlin · Die obersten Richter in Karlsruhe werden am Mittwoch das europapolitisch historische Politikexperiment, einen milliardenschweren, nationalstaatsübergreifenden Länder-Rettungsfonds zu installieren, nicht blockieren. Gut so. Denn der dauerhafte europäische Rettungsschirm könnte trotz einiger undurchsichtiger Elemente den dringend benötigten Vertrauensschutz für die Euro-Zone wieder herstellen.

Europas Krisenherde im Überblick
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Erstmals entsteht auf europäischer Ebene eine Art Superbank mit enormen Finanzmitteln und ausgebauten Kompetenzen für Ankäufe von Staatspapieren der Krisenländer am Anleihemarkt. Da der Deutsche Bundestag jede finanzwirksame Entscheidung des ESM absegnen muss, hat Deutschland de facto ein Vetorecht.

Die Kläger gegen den ESM haben ja durchaus recht, dass die Souveränitätsrechte der Nationalstaaten durch den Fonds angegriffen werden. Genau das ist aber der Preis, den wir, aber auch alle anderen Euro-Länder, für die politische Vervollständigung einer fiskalischen Währungsunion zu zahlen bereit sein müssen. Wer die politische Union will, muss auch Budgetrechte an supranationale Institutionen abgeben.

Früher oder später ist dieser Prozess unwiderruflich, wenn Europa als Region gestärkt aus der Krise hervorgehen soll. Die jetzige Situation kann niemanden befriedigen. Die Europäische Zentralbank, obwohl unabhängig und nicht durch die Wahl nationaler Parlamente legitimiert, holt derzeit mit einer dem Mandat der Notenbanker schon längst nicht mehr unterliegenden Fiskalpolitik die Kohlen aus dem Feuer der Euro-Krise.

Die Bilanz der EZB ist aufgebläht von krisenhaften Staatspapieren, von einer Bad Bank Europas ist die Rede. Dass ist aber nicht die Aufgabe der Europäischen Zentralbank. Es wird Zeit, dass die Notenbank alsbald wieder zu ihrem Kern, der Wahrung der Geldwertstabilität, zurückkehren kann. Die Euro-Krise muss die Politik lösen. Dass von der Politik nun erdachte Modell des ESM kann ein wichtiger Baustein zur Rückkehr des Primats der Politik in der Euro-Krise sein.

Im Idealfall löst der europäische Superfonds die EZB als Nukleus des Krisenmanagements ab. So gesehen können die Richter des Bundesverfassungsgerichts an diesem Mittwoch eine durchaus demokratische Grundsatzentscheidung treffen. Mehr Europa nämlich.

(brö)
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