Moody's entzieht Frankreich Spitzenrating Ein Warnschuss für Paris und Europa

Paris · Die Ratingagentur Moody's hat Frankreich das Spitzenrating AAA entzogen – wie bereits Standard & Poor's. Die Entscheidung macht deutlich, wie ernst die wirtschaftliche Lage des Landes ist. Und das könnte auch zu einem großen Problem für die EU werden.

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Foto: APN

Die Ratingagentur Moody's hat Frankreich das Spitzenrating AAA entzogen — wie bereits Standard & Poor's. Die Entscheidung macht deutlich, wie ernst die wirtschaftliche Lage des Landes ist. Und das könnte auch zu einem großen Problem für die EU werden.

Anhaltender Verlust der Wettbewerbsfähigkeit, Unbeweglichkeit des Arbeits-, Waren- und Dienstleistungsmarktes und ein übergroßes Bankensystem — das sind einige der Gründe, die Moody's für seine Entscheidung anbringt.

Von manchem Experten war die Herabstufung zwar schon erwartet worden, doch kommt sie nun doch einer Ohrfeige gleich und macht es dem Land nicht leichter, sich zu regenerieren. Zumal Moody's auch noch die Aussichten für das Land auf negativ gesetzt und mit einer weiteren Herabstufung gedroht hat, falls sich der Wirtschaftsausblick weiter verschlechtere oder der Reformkurs in Schwierigkeiten gerate.

Frankreich selbst gibt sich zwar recht unbeeindruckt von der Entscheidung — der Finanzminister gab gleich der Vorgängerregierung die Schuld —, doch der Deutsche Aktienindex reagierte leicht verunsichert und verlor zu Handelsbeginn 0,4 Prozent auf 7098 Zähler. Denn Frankreich ist in der Eurozone eine gewichtige Größe, eine mit großen Problemen.

Stockendes Wirtschaftswachstum

Das musste selbst der Präsident nach einem halben Jahr an der Macht einsehen und sprach während seiner Bilanz, die er vor Kurzem zog, von einer ernsten Situation. Die Arbeitslosenzahlen steigen seit 17 Monaten, das Wirtschaftswachstum gerät ins Stocken. Und ausgerechnet in diesen Zeiten muss und will der Präsident wichtige Reformen durchführen, die manchen Franzosen aufstöhnen lassen.

Kaum ein Experte erwartet noch, dass Frankreich im nächsten Jahr die Maastricher Defizit-Grenze von drei Prozent wird einhalten können. EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte daher Anfang November weitere Reformen gefordert, um die Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen, zugleich aber auch die massiven Steuererleichterungen gelobt.

Dass er den Reformkurs fortsetzen will, hatte Francois Hollande bereits in seiner Bilanz verdeutlicht, und die Entscheidung Moody's könnte für den Präsidenten zusätzlicher Antrieb sein, die angekündigten Reformen auch wirklich durchzusetzen. Denn Hollande weiß genau, wie wichtig sein Land in der Eurozone ist und dass es schon genügend Problemkinder gibt, mit denen sich auch Paris — gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung — immer wieder beschäftigen muss.

Und Frankreich ist ein zu großer Faktor in der EU. Sollte ein Land dieser Größe eines Tages Finanzhilfen brauchen, könnte das wohl kein Rettungsschirm dieser Welt stemmen. Soweit ist es bei Frankreich zwar noch lange nicht, doch Auswirkungen des negativen Ratings könnte das Land durchaus jetzt schon zu spüren bekommen.

"Economist" schrieb von "Zeitbombe"

Denn so mancher Investmentfonds schaue ganz genau auf das Top-Ratings der Länder und akzeptiere nur Staaten mit zwei AAA-Rankings als Top-Schuldner, so "Welt Online". Da Frankreich nun gleich bei zwei Agenturen in dieser Hinsicht durchgefallen ist, könnten auch die Zinsen für die Staatsanleihen steigen. Und das hieße, für das Land wird es ein wenig schwerer, sich frisches Kapital am Markt zu besorgen.

Der "Economist" hatte bereits in der vergangenen Woche eine Analyse zu Frankreich mit dem Titel "Die Zeitbombe im Herzen Europas" versehen. Auch der Wirtschaftsweise Lars Feld sieht die Problematik. "Das größte Problem Europas ist nicht mehr Griechenland, Spanien oder Italien, es ist Frankreich, weil Frankreich im Hinblick auf die Herstellung seiner Wettbewerbsfähigkeit nichts unternommen hat und sogar in die Gegenrichtung geht", wie "Focus Online" ihn zitiert.

Jetzt ist es also an Frankreichs Präsidenten, gegenzusteuern und sein Land nicht dem Strudel der Krise auszusetzen. Die deutsche Bundeskanzlerin wird ihm sicherlich in dieser Hinsicht auch Druck machen — zumal Hollande zuletzt Solidarität von Deutschland gefordert hatte. Und Europa braucht das starke Duo Deutschland-Frankreich, wie sich in der Krise bislang immer wieder gezeigt hat.

(das)
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