EU-Staaten einigen sich auf Agrarreform Ein Riesenprojekt kurz vor dem Abschluss

Luxemburg · Hunderte Seiten Papier, vier Gesetze, Milliardensummen: Die Reform der EU-Landwirtschaftspolitik ist ein Riesenprojekt. Jetzt könnte es kurz vor dem Abschluss stehen.

Europas Bauern sollen mehr für die Umwelt tun, Kleinbetriebe bekommen mehr Geld: Die EU-Landwirtschaftsminister haben sich auf die Reform der europäischen Agrarpolitik geeinigt - und sind damit bereit für einen Deal mit dem Europaparlament.

"Ich hoffe, dass wir alle offenen Fragen abschließend klären können", sagte der irische Minister Simon Coveney kurz nach Mitternacht am Mittwochmorgen in Luxemburg. Er leitete die Verhandlungen, weil sein Land derzeit den Vorsitz der EU-Staaten hat.

"Wir haben die Reform (...) heute Nacht nicht abgeschlossen, bei weitem nicht", warnte Coveney. Denn das Gesetzespaket braucht die Zustimmung der Abgeordneten. Erst wenn sich Irlands Landwirtschaftsminister als Vertreter der EU-Staaten mit Vertretern des EU-Parlaments einigt, will der Agrarausschuss noch am Mittwoch in Brüssel abstimmen - damit wäre die Reform dann tatsächlich weitgehend in trockenen Tüchern.

Gleich mehrere strittige Punkte hat Coveney bei den morgendlichen Verhandlungen im Gepäck. Uneins sind sich die Abgeordneten und die EU-Staaten zum Beispiel darüber, wann genau die Obergrenzen für die europäische Zuckerproduktion fallen soll.

Bauern brauchen Planungssicherheit

Diese Quoten halten den Zuckerpreis hoch - zur Freude der Erzeuger aber zum Leidwesen etwa der Süßwarenindustrie. Das Parlament, dass ohnehin die Agrarmärkte regulieren möchte, will die Quoten bis 2020 behalten. Die Staaten wollen sie lieber eher abschaffen.

Überhaupt werden beide Seiten um die Eingriffe in die Agrarmärkte ringen. Umstritten blieb insbesondere, welche Entscheidungsgewalt jeweils EU-Parlament und EU-Staaten haben, wenn es um die Festlegung von Quoten oder Stützungskäufen geht, um leidenden Bauern auszuhelfen. "Das ist noch ungelöst", sagte Coveney. "Es ist eine sehr schwierige Sache für den Rat der EU-Staaten".

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) enthielt sich gemeinsam mit ihrem britischen Kollegen der Stimme, als es um die strittige Frage der Eingriffe in die Agrarmärkte ging. Damit lenkte sie ein: In der Vergangenheit hatte sie immer wieder vor der Rückkehr zu Milchseen und Butterbergen gewarnt - also vor einer Überproduktion ausgelöst durch EU-Gelder.

Die Bauern bräuchten Planungssicherheit über die zukünftige Verwendung der EU-Gelder, erklärte Aigner, die Zeit für eine Lösung dränge. "Unter Zurückstellung vielleicht der einen oder anderen Bedenken" habe Deutschland den Kompromiss deshalb mitgetragen.

EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos blickte der entscheidenden Verhandlungsrunde am Mittwoch wohlgemut entgegen. "Wir nähern uns einer guten Einigung", sagte er. Irlands Minister blieb vorsichtig:
"Ich tue nicht so, als ob das morgen einfach wird", sagte Coveney.

(dpa/csr)
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