Starlets, Prinzen und Nobelpreisträger Die skurrilen Kandidaten für Europa

Brüssel (RPO). Es ist schon ein illustrer Kandidatenkreis, der sich bei den Wahlen zum Europaparlament am 7. Juni um einen Sitz bewirbt. Eine deutsche Polit-Skandalnudel, eine in Ungnade gefallene französische Ministerin, eine Präsidententochter mit Mannequin-Erfahrungen, ein blondes TV-Sternchen, ein italienischer Prinz und "Mister No" sind nur einige Anwärter auf ein Mandat.

Die skurrilen Kandidaten bei der Europawahl
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Foto: ddp

Als "Mister No" ist er bekannt geworden, jetzt wirbt der Ire Declan Ganley offensiv für ein Ja auf dem Stimmzettel. Der Geschäftsmann und Multimillionär hofft mit seiner europaskeptischen Partei Libertas bei den Europawahlen auf einen breiten Erfolg. Im vergangenen Jahr heizte Ganley in Irland erfolgreich die Negativstimmung gegen den EU-Reformvertrag an, der schließlich in einem Referendum durchfiel.

Als neuer "Mister Europa" sieht sich der 40-Jährige bereits. Seine Vereinigung Libertas hat der eifrige Katholik vor drei Jahren in Irland gegründet. Jetzt rühmt er sie als die "erste pan-europäische Partei, die bei den Europawahlen antritt".

In Rumänien bewirbt sich Elena Basescu, die Tochter des Staatschefs Traian Basescu, um einen Sitz. Das 29-jährige kurvenreiche Gelegenheitsmannequin mit den langen schwarzen Haaren ist vor allem in der Bukarester Jet-Set-Szene bekannt. Sie tritt als unabhängige Kandidatin unter dem Zeichen "EBA" an - das steht für Elena Basescu und ist offensichtlich ihr ganzes Programm.

Der Enkel des letzten italienischen Königs, Prinz Emanuele Filiberto von Savoyen kämpft ebenfalls um einen der 736 Sitze im Straßburger Parlament. Der 36-jährige Ehemann der französischen Schauspielerin Clotilde Courau ist Spitzenkandidat im Nordwesten des Landes der zentristischen christdemokratischen Partei UDC.

Eigentlich wollte Ministerpräsident Silvio Berlusconi für seine Partei Volk der Freiheit auch einige attraktive Showgirls und Starlets ins Rennen senden. Nach harscher öffentlicher Kritik seiner Noch-Ehefrau begnügt er sich nun mit dem blonden TV-Sternchen Barbara Marati, einer ehemaligen Anwärterin auf den Titel der Miss Italia.

Pauli tritt für Freie Wähler an

Für Deutschland bemüht sich die ehemalige Skandalfrau der CSU, Gabriele Pauli, um den Sprung ins Europaparlament. Die 51 Jahre alte Ex-Landrätin aus Franken, die mit Fotos mit Latex-Handschuhen und der Forderung nach einer "befristeten Ehe" für Aufruhr sorgte, ist Spitzenkandidatin der Freien Wähler.

Die militante Tierschützerin und Vegetarierin Natasja Oerlemans will in den Niederlanden ein Mandat ergattern. Sie wolle die "Laus im Pelz des Europaparlaments" sein und sich dort für die Rechte der Tiere einsetzen, kündigte sie an.

In Schweden hat der 49-jährige Mathematiker Christian Engström gute Chancen, einen der 18 schwedischen Sitze im Europaparlament zu ergattern. Er ist Spitzenkandidat der Piratenpartei, die sich für die Rechte von Internet-Nutzern einsetzt. Sie ist in den Umfragen sprunghaft gestiegen, seit die vier Verantwortlichen der Internet-Tauschbörse The Pirate Bay Mitte April zu 2,7 Millionen Euro Schadenersatz und einjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.

Ex-Rennfahrer für Finnland auf Mandats-Kurs

Der ehemalige Rennfahrer Ari Vatanen schielt in Finnland auf ein zweites Mandat - für die konservative Koalitionspartei. Vor fünf Jahren war Vatanen auf der Liste der konservativen französischen Regierungspartei UMP ins Europaparlament gewählt worden, die ihm diesmal aber keinen aussichtsreichen Platz mehr anbot.

Und in Portugal versucht es der Literaturnobelpreisträger des Jahres 1998, José Saramago, abermals auf einer sehr weit links angesiedelten Liste. Große Hoffnung dürfte sich der 86-Jährige, der sich selbst einen "hormonalen Kommunisten" nennt, aber kaum machen: Wie schon vor fünf Jahren hat er keinen aussichtsreichen Platz bekommen.

Dati wird nach Europa weggelobt

Unterdessen hat Frankreichs Justizministerin Rachida Dati ihren Platz im Europaparlament schon sicher - gerade weil sie in Paris bei Präsident Nicolas Sarkozy in Ungnade gefallen ist. Der hatte sie vor zwei Jahren als Symbol für die Öffnung seiner Regierung für Franzosen mit afrikanischen Wurzeln ins Kabinett geholt. Doch die 43-Jährige mit dem Faible für teure Kleider und hohe Absätze wurde schnell zur Belastung.

Als Dati jüngst vor jungen UMP-Mitgliedern auf Fragen zur Europapolitik mit haltlosem Kichern reagierte, war es für die Opposition ein Leichtes, ihr "Inkompetenz" und fehlende Ernsthaftigkeit vorzuwerfen. Weil es Dati immer ins Machtzentrum Paris gezogen hat, bietet ihr der Europa-Grüne Daniel Cohn-Bendit "Blumen und Champagner", sollte sie regelmäßig zu Ausschusssitzungen nach Straßburg kommen. Dati selbst scheint die Hoffnung auf eine Rückkehr in Sarkozys Regierung nicht aufgegeben zu haben: "So einfach wird man mich nicht los", sagte sie im März.

(AFP)
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