EuGH-Urteil Deutsche Pkw-Maut verstößt gegen EU-Recht

Luxemburg · Im Gesetz steht sie längst, kassiert wurde sie bislang nicht. Nun hat das oberste EU-Gericht die Pkw-Maut in Deutschland gestoppt.

 Die geplante Pkw-Maut in Deutschland verstößt nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs gegen geltendes EU-Recht.

Die geplante Pkw-Maut in Deutschland verstößt nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs gegen geltendes EU-Recht.

Foto: dpa/Jens Büttner

Die Pkw-Maut in Deutschland ist nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) rechtswidrig. Sie sei mit europäischem Recht unvereinbar, erklärten die obersten EU-Richter am Dienstag in Luxemburg. Die Einführung der Maut nach dem jetzigen Modell ist damit nicht möglich.

Unionsfraktionsvize Ulrich Lange hat das Urteil zur Pkw-Maut scharf kritisiert. "Inhaltlich ist das Urteil eine schlechte Nachricht für unsere Straßeninfrastruktur", sagte Lange unserer Redaktion. "Denn nun wird sich automatisch die dringend notwendige Umstellung der Finanzierung unserer Verkehrsinfrastruktur von Steuern auf Nutzerbeiträge weiter zeitlich verzögern, obwohl das alle Experten und die Europäische Kommission fordern", sagte der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. "Gerade in den sich abzeichnenden wirtschaftlich schwierigeren Zeiten bleibt damit die Finanzierung weiter von Steuereinnahmen und der Kassenlage im Bund abhängig, statt auf einer soliden Nutzerfinanzierung zu beruhen." Das Urteil sei darüber hinaus überraschend, "da das deutsche Konzept mit der Europäischen Kommission zusammen entwickelt wurde und der Generalanwalt des Gerichtshofes noch vor wenigen Wochen keine Bedenken geäußert hat."

Das Aus für die Pkw-Maut ist aus Sicht von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) positiv für das Transitland Nordrhein-Westfalen. „Unser Ziel war es immer, im gemeinsamen Lebens- und Arbeitsraum von Niederlande, Belgien, Luxemburg und Nordrhein-Westfalen keine zusätzlichen Hindernisse für Pendlerinnen und Pendler zu schaffen“, sagte Laschet am Dienstag am Rande von Gesprächen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk in Brüssel.

„Es ist gut, dass der Europäische Gerichtshof diese Ziele bestätigt hat und unsere Region im Herzen Europas mautfrei bleibt.“ Für Europa und speziell für die zusammenwachsenden Lebens- und Wirtschaftsräume in den Grenzregionen sei die erzielte Klarheit ein Gewinn.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) soll nach einem Antrag der Grünen-Bundestagsfraktion im Verkehrsausschuss des Bundestags an diesem Mittwoch zu den Folgen des EuGH-Urteils zur Pkw-Maut Stellung beziehen. Scheuer solle persönlich erscheinen und "dem Ausschuss einen Bericht zu den Folgen des Urteils und den weiteren Planungen der Bundesregierung für die Infrastrukturabgabe vorzustellen", heißt es in dem Antrag, der unserer Redaktion vorliegt. "Insbesondere erwarten wir Informationen zu den zu erwartenden Entschädigungszahlungen an die Unternehmen Kapsch und Eventim", heißt es in dem Antrag. Nachdem Scheuer den Vertrag zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit diesen Unternehmen bereits geschlossen hatte, stelle sich nun die Frage nach deren Schadenersatzforderungen.

Die Maut war vor allem ein Prestigeprojekt der CSU in der Bundesregierung. Sie sollte auf Bundesstraßen und Autobahnen ab Oktober 2020 kassiert werden. Inländische Autobesitzer sollten im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett entlastet werden. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen.

Die Maut war in Deutschland 2015 beschlossen worden. Die EU-Kommission gab ihre Bedenken nach langem Ringen und leichten Änderungen 2016 auf. Österreich gab sich damit jedoch nicht zufrieden und zog vor Gericht. Die Alpenrepublik argumentierte, die sogenannte Infrastrukturabgabe diskriminiere verbotenerweise ausländische Fahrzeugbesitzer, weil inländische Autobesitzer über die Kfz-Steuer voll entlastet würden. Bei der Klage wurde Österreich von den Niederlanden unterstützt.

Die Luxemburger Richter führten nun weiter an, die Abgabe sei diskriminierend, weil ihre wirtschaftliche Last praktisch ausschließlich auf den Haltern und Fahrern von in anderen EU-Staaten zugelassenen Fahrzeugen liege. Sie verstoße zudem gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs im EU-Binnenmarkt.

Nach Abzug der Kosten sollte die Maut laut Verkehrsministerium etwa 500 Millionen Euro pro Jahr für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur einbringen. An den Zahlen gab es allerdings Zweifel.

(dpa)
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