Zwischen Generalstreik und Herabstufung Der portugiesische Patient

Lissabon · Beim Dreier-Gipfel in Frankreich geht es um die Zukunft des Euro, in Portugal um Grundsätzliches: Generalstreik gegen die Sparmaßnahmen der Regierung. Doch das Land hat kaum eine andere Wahl, will es weiter Hilfen von der EU bekommen. Aber auch die Zukunftsaussichten sind bitter. Es scheint, als werde der portugiesische Patient nicht so schnell gesunden.

Hintergrund: Der Euro-Rettungsschirm
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Foto: afp, GIUSEPPE CACACE

Während Arbeiter und Angestellte am Morgen auf die Straßen gingen, folgte der nächste Schlag für Portugal. Die Ratingagentur Fitch stufte das Land auf Ramschstatus herab, so wie bereits Moody's. Direkte Auswirkungen hat das zunächst zwar nicht, da sich das Land derzeit nicht am Kapitalmarkt befindet, weil es im April unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft ist. Doch für die recht frische Regierung ist es kein gutes Vorzeichen für eine gesündere wirtschaftliche Zukunft.

Zumal sich erst am Mittwoch ein ehemaliger Regierungsbeamter zu Wort meldete, der erklärte, dass sein Land möglicherweise 20 bis 25 Milliarden Euro zusätzlich aus dem Euro-Rettungsschirm benötige. Es war Carlos Pina, der im April als damaliger Staatssekretär im Finanzministerium an der Aushandlung des 78 Milliarden Euro umfassenden Hilfspaket für Portugal maßgeblich beteiligt war. Wie Pina verdeutlichte, sei damals angenommen worden, dasss Staatsbetriebe weiterhin Zugang zum freien Kapitalmarkt hätten. Doch genau das sei nun anders.

Steuererhöhungen im nächsten Jahr

Fitch hatte seine Herabstufung mit dem "stark unausgeglichen Haushalt", der hohen Verschuldung und einem "ungünstigen makroökonomischen Ausblick" begründet. Und das nimmt nicht nur die Ratingagentur an. Denn die Reformbemühungen würden sich erst langfristig bemerkbar machen.

Denn einerseits spart das Land zwar massiv. So werden Gehälter gekürzt, sollen im kommenden Jahr einige Anteile an Staatsunternehmen verkauft werden, und dann müssen die Portugiesen auch höhere Einkommens-, Körperschafts- Grund- und Mehrwertsteuern zahlen, wie der "Focus" schreibt. Es sieht dementsprechend danach aus, dass Portugal die Bedingung erfüllen kann, sein Haushaltsdefizit von 9,8 Prozent im vergangenen jahr auf 5,9 Prozent in diesem zu senken.

Auf der anderen Seite leidet unter den Sparmaßnahmen enorm die Wirtschaft. Es wird damit gerechnet, dass die Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr um drei Prozent sinkt. Die Menschen haben - ähnlich wie in Griechenland - irgendwann eine Schmerzgrenze erreicht. Und das Land, so schreibt der "Focus", stehe weiter vor der schwierigen Aufgabe, sich neue Felder für eben jenes Wirtschaftswachstum zu erschließen.

Lange Phase des Einschränkens

"Wir werden uns noch im Jahr 2015 einschränken müssen", hatte denn auch Premier Pedro Passos Coelho im Oktober in einer Fernsehansprache gesagt, wie die "Welt" schreibt. Die Staatsausgaben, so der Politiker, müssten in dieser Zeit um 40 Prozent sinken.

Dann wird es die Menschen wohl noch mehr auf die Straße treiben, auch wenn die Portugiesen im Vergleich zu den Griechen oder den Spaniern doch recht zurückhaltend hinsichtlich der Kritik waren. Doch schon jetzt steigt die Arbeitslosigkeit an und wird erwartungsgemäß auch noch weiter ansteigen.

Keine guten Vorzeichen also weder für Portugal noch für die EU. Denn die anderen Sorgenkinder der EU - sprich Griechenland, aber auch Italien - sind noch lange nicht aus dem Gröbsten raus. Und so scheint sich die Spirale immer weiter fortzuführen. Nur ein Land konnte trotz Rettungsschirm dem Strudel bislang entkommen: Irland ist ein wahrer Musterschüler in Sachen Sparen.

(das)
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