Porträt Das ist Martin Schulz

Ein Neuling in der Bundespolitik hat bei der Bundestagswahl im September 2017 Kanzlerin Angela Merkel herausgefordert. Schließlich wurde er kurzzeitig Parteichef - und scheiterte. Ein Porträt.

Martin Schulz war elf Jahre Bürgermeister von Würselen und 22 Jahre Mitglied des Europaparlaments, bevor er Kanzlerkandidat wurde. Schulz ist ein Europabegeisterter. Für den gelernten Buchhändler aus Würselen im Dreiländereck bei Aachen lagen die Grenzen immer direkt vor der Haustür – für ihn ist das grenzenlose Europa von heute nicht Selbstverständlichkeit, sondern Aufforderung zu politischer Arbeit.

Ab 1994 gehörte er dem Europaparlament an. Über die Jahre hinweg hat der Sozialdemokrat sich einen Ruf als wortgewaltiger Lautsprecher erworben – schnell im Denken, schneidend im Reden, gelegentlich verletzend in Mimik und Gestik. Er rangiert rhetorisch in einer Liga mit dem deutsch-französischen Grünen Daniel Cohn-Bendit, dem Wortführer der Pariser Revolte von 1968.

Seit er Anfang 2012 Präsident des Europaparlaments wurde, häutete sich Schulz zum Staatsmann – oft überparteilich agierend. Dass er als amtierender EU-Parlamentspräsident den Wahlkampf bestreiten konnte, verdankte er den Christdemokraten, die nichts dabei fanden, als er eine Änderung des turnusmäßigen Wechsels im Präsidentenamt vorschlug.

Taktieren und finassieren lernte er im Parlament, das Aushandeln von Kompromissen ohnehin. Schon kurz nach seiner Wahl zum Parlamentspräsidenten traten er und Kommissionspräsident José Manuel Barroso, den er zuvor im Parlament recht eindeutig als überfordert verhöhnt hatte, wie ziemlich beste Freunde vor die verblüfften Journalisten. Und auch zu EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, mit dem ihn außer der Liebe zu Büchern sonst nicht viel verbindet, stellte der Pragmatiker gute Arbeitsbeziehungen her.

Die sozialdemokratischen Überzeugungen sind dennoch geblieben. Schulz tritt als vielsprachiger Kämpfer gegen Mauschelei der Mächtigen und Regierenden an, als Kämpfer für mehr Arbeitsplätze und mehr Wohlstand – vor allem bei den ärmeren EU-Bürgern. Kleinere und mittlere Unternehmen müssten besseren Zugang zu Krediten bekommen, um wieder investieren zu können. Die Spekulanten und das Bankensystem, verantwortlich für die Finanzkrise, müssten nun auch für deren Folgen zahlen.

Die EU müsse ihre Standards – was Produkte angehe, aber auch hinsichtlich des Datenschutzes – gegenüber den USA verteidigen: "Wir dürfen vor den Amerikanern nicht auf den Knien liegen." Europa werde derzeit zum "Prügelknaben" für Fehler und Versäumnisse gemacht, für die es keine Verantwortung trage – und zwar von Populisten, denen an Europa nichts liege. Schulz sieht sich als Garanten für mehr Transparenz und Offenheit: "Wir wollen zeigen, dass jede Stimme zählt."
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