Neuer Streit in der Union CSU lehnt Eurozonen-Budget ab

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stoßen mit ihren Euro-Reformplänen auf geteiltes Echo. Die CSU lehnt sie ab und bringt die Migrationspolitik mit ins Spiel.

Die deutsch-französischen Pläne für ein eigenes Budget der Euro-Länder haben für neuen Krach zwischen CDU und CSU gesorgt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) griff den Vorschlag von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron offen an. „Wir können jetzt nicht zusätzliche Schattenhaushalte auf den Weg bringen oder versuchen, die Stabilität der Währung aufzuweichen“, sagte Söder am Mittwoch vor einem Treffen mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. Die CSU verlangte einen Koalitionsausschuss, den es nun am Dienstag geben soll. Bundesfinanzminister Olaf Scholz wies die Kritik umgehend zurück. „Mit den Beschlüssen von Meseberg setzen wir den Koalitionsvertrag um, den CDU, CSU und SPD vor vier Monaten verhandelt haben. Daran kann sich niemand stoßen", sagte er unserer Redaktion.

Merkel und Macron hatten bei ihrem Treffen im Brandenburger Schloss Meseberg am Dienstag ein Eurozonen-Budget für 2021 vereinbart, wenn auch ohne Angaben zur Höhe. Da liegen beide Regierungen auseinander. Gemeinsames Ziel ist es aber, den Euro krisenfester zu machen und eine milliardenschwere Investitionsoffensive zu starten. Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD vereinbart, die Eurozone finanziell zu stabilisieren und die Grundlage für einen eigenen Investitionshaushalt zu schaffen.

Scholz verteidigt Vorstoß

Scholz begrüßte gemeinsam mit anderen Sozialdemokraten den Vorstoß. „Wir brauchen echten Fortschritt in Europa, damit wir nicht herumgeschubst werden. Die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion ist ein solcher Fortschritt, weil damit der Euro, unsere Währung, noch krisenfester wird", sagte Scholz. Das Eurozonen-Budget stehe im Zusammenhang mit den jetzt anstehenden Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU. „Die weitere Konkretisierung wird Aufgabe der Debatte der nächsten Monate sein", sagte der SPD-Politiker. "Dafür haben wir Zeit, denn Start ist ja erst 2021“, so Scholz.

Doch auch in Teilen der CDU und der Wirtschaft gab es Kritik am Eurozonen-Budget. „Derzeit laufen die Verhandlungen zum Mittelfristigen Finanzrahmen der EU von 2021 bis 2027. Dahin gehören auch die Beratungen zu einem möglichen Eurozonen-Budget“, sagte der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU). „Der Preis für ein Eurozonen-Budget kann sein, dass das Volumen des EU-Haushalts entsprechend abgesenkt wird. Wir können nicht einfach ein neues Budget obendrauf satteln, ohne die Wechselwirkungen zum bestehenden EU-Haushalt zu berücksichtigen“, sagte Rehberg.

Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) pochte auf die Mitbestimmungsrechte des Bundestags. „Der Deutsche Bundestag muss bei allem, was mit deutschen Steuergeld passiert, das letzte Wort behalten. Und wir müssen das Haftungsprinzip im Euroraum stärken, etwa durch die Einführung einer Staateninsolvenzordnung“, sagte Linnemann.

Scharfe Kritik an den Euro-Vereinbarungen kam aus der Wirtschaft. „Aufgrund des Drucks der CSU ist die Kanzlerin auf schnelle Ergebnisse in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik angewiesen. Dafür ist sie inzwischen bereit, einen hohen Preis zu zahlen“, sagte der Präsident des Verbandes Die Familienunternehmer, Reinhold von Eben-Worlée. Ein Euro-Zonen-Budget „wäre ein weiterer unverantwortlicher Schritt hin zu einem Europa, das durch Transfers zusammengehalten werden soll“, sagte er.

CSU bringt Migration in Debatte ein

Söder, der sich mit der CSU in Bayern im Wahlkampf befindet, verknüpfte unterdessen die Ideen für die Euro-Reformen mit der in der Union heftig umstrittenen Migrationspolitik. So sprach er sich in Anspielung auf mögliche bilaterale Deals der Kanzlerin mit anderen Ländern in der Flüchtlingspolitik dagegen aus, mit deutschen Zahlungen zu „versuchen, irgendwelche Lösungen zu erreichen.“ Am Sonntag soll bei einem informellen Treffen mehrerer Staats- und Regierungschefs in Brüssel über mögliche Lösungen für die Aufnahme von Flüchtlingen gesprochen werden. An dem Treffen nehmen neben Deutschland unter anderem auch Frankreich, Italien und Österreich teil.

Österreichs Kanzler Kurz kritisierte am Mittwoch die Politik Merkels. Diejenigen, die damals die Grenzen geöffnet hätten, „haben es verschuldet, dass es heute Grenzkontrollen gibt zwischen Österreich und Bayern, Ungarn und Österreich, Italien und Österreich, und die Situation vielleicht noch schlimmer wird“, sagte Kurz. Im Rahmen des bevorstehenden EU-Ratsvorsitzes wolle er sich dafür stark machen, eine europäische Lösung beim Schutz der EU-Außengrenzen zu finden.

Gegenwind bekam Kurz vom luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn, weil Österreich EU-Mitglieder wie Polen oder Ungarn unterstütze, die sich nicht an einer EU-weiten Verteilung von Flüchtlingen beteiligen. Er bezeichnete es im Bonner General-Anzeiger als Unglück, dass sich die österreichische Regierung zum Anführer dieser Länder gemacht habe. „Das ist unverantwortlich, unsolidarisch und uneuropäisch“, so Asselborn.

Unterdessen warnte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) trotz zuletzt gesunkener Asylantragszahlen davor, dass diese saisonal bedingt im Sommer und Herbst noch ansteigen könnten. „Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Korridor für die jährliche Zuwanderung nach Deutschland in Höhe von 180.000 bis 220.000 Personen könnte daher in diesem Jahr erreicht oder sogar überschritten werden“, sagte er. Bis Ende Mai registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 78.026 Anträge, rund 18 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

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