Flüchtlingskrise CDU-Wirtschaftsrat: Griechenland aus Schengen-Raum ausschließen

Berlin · Während Slowenien in der Nacht zum Montag bekanntgegeben hat, dass es weniger Flüchtlinge einreisen lassen will, fordert der Wirtschaftsflügel der Union von Bundeskanzlerin Angela Merkel beim bevorstehenden EU-Flüchtlingsgipfel eine harte Haltung vor allem gegenüber Griechenland.

Ursachen der großen Flucht
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Foto: ALESSANDRO BIANCHI

"Sollte es erneut keine europäische Einigung in der Flüchtlingsfrage geben, müsste Griechenland aus dem Schengen-Raum ausgeschlossen werden", sagte Wolfgang Steiger, der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, der Tageszeitung "Die Welt". Zur Begründung führte er an, dass für Deutschland die Kosten zeitweiliger Grenzschließungen geringer seien als bei einer Fortsetzung der derzeitigen Politik der offenen Tür.

"Die Grundvoraussetzung für überall offene Grenzen innerhalb Europas sind im Moment nicht mehr gegenüber allen Mitgliedern gewährleistet", sagte Steiger. Weil Griechenland seine Pflicht zur Sicherung der EU-Außengrenze vernachlässige, sei Schengen bereits schwer angeschlagen. "Die Zeit, bis sich Griechenland endlich an EU-Standards hält, haben wir nicht", sagte Steiger. "Wenn ein Land seine Pflichten nicht erfüllt, dann muss sich Schengen in Richtung Mitteleuropa bewegen."

Der Wirtschaftsrat warnt, dass es ohne eine rasche Lösung der Flüchtlingskrise bald keine grenzenlose Reisefreiheit mehr geben könnte. "Ein Zusammenbrechen des Schengen-Abkommens wäre für Deutschland besonders schädlich, zumal das Land 60 Prozent seines Außenhandels mit der EU abwickelt", sagte Steiger. Dagegen sei bei einer befristeten Einführung von Grenzkontrollen gegenüber Einzelmitgliedern der EU der volkswirtschaftliche Schaden geringer als oft behauptet.

Schließlich müsste Deutschland seine Grenzen nach West- und Nordeuropa ebenso wenig kontrollieren wie gegenüber den beiden wichtigsten EU-Partnern Frankreich und den Niederlanden. "In eine Gesamtbetrachtung der volkswirtschaftlichen Kosten müssen zudem auch die Folgekosten für die Integration sowie Sozialausgaben für nicht integrierbare Zuwanderer einbezogen werden", sagte Steiger.

Slowenien wird die Einreise von Flüchtlingen begrenzen. Dies teilte das Innenministerium in Ljubljana am Sonntag mit. Dies geschehe mit Blick auf den von Österreich angekündigten gleichen Schritt. Kroatien sei über die Pläne Sloweniens informiert worden, teilte das Innenministerium mit. Nähere Angaben machte die Regierung in Ljubljana zunächst nicht.

Wien hatte am Sonntag erklärt, in der kommenden Woche die Einreisen über den wichtigsten Grenzübergang mit Slowenien zu begrenzen. Laut dem slowenischen Fernsehen will das kleine Nachbarland seinerseits ab Montag weniger Flüchtlinge einreisen lassen, so dass täglich nur noch tausend Flüchtlinge die Grenze nach Österreich passieren würden.

Österreich hatte im Januar bekanntgegeben, in diesem Jahr nur noch 37.500 Asylbewerber aufzunehmen, weniger als halb so viele wie die rund 90.000 des Vorjahrs. Der Flüchtlingsandrang über die Balkanroute nach Europa hatte sich im vergangenen Jahr dramatisch zugespitzt. Von dort aus machen sich die Schutzsuchenden vor allem auf den Weg nach Deutschland, Schweden und Österreich.

Druck kommt auch aus den Reihen der Liberalen: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss nach den Worten von FDP-Chef Christian Lindner die Vertrauensfrage stellen, sollte sie beim EU-Gipfel mit ihrer Haltung in der Flüchtlingsfrage leer ausgehen. Die Autorität der Kanzlerin sei "schwer angekratzt", sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. "Sollte es beim EU-Gipfel keine europäische Lösung für die Flüchtlingskrise geben, muss Merkel den Bundestag fragen, ob er ihr weiter vertraut", forderte der Vorsitzende der nicht im Bundestag vertretenen FDP.

"Die Äußerungen von CSU-Chef Horst Seehofer kann man nicht einfach ad acta legen", sagte Lindner. "Die massiven Streitereien und das tiefe Misstrauen lähmen die die gesamte Regierung in einer der größten Bewährungsproben unseres Landes." Entweder die Kanzlerin schaffe es, durch eine Korrektur ihrer Politik eine europäische Lösung der Flüchtlingskrise zu finden, oder sie müsse die Regierungsfraktionen für den bisherigen Kurs hinter sich versammeln. "Wir brauchen endlich Klarheit", sagte der FDP-Chef. "Entweder hat sie das Vertrauen ihrer Koalition und kann ihre Politik fortsetzen oder sie hat es nicht."

Dass es trotz Verständigung im Koalitionsausschuss in zentralen Fragen wie dem Familiennachzug für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge "keine saubere Abwicklung gibt, zeigt, wie sehr in der gesamten Regierung das Vertrauensverhältnis gestört ist." Er sei "für einen restriktiven Familiennachzug, aber nicht für einen kompletten Ausschluss", sagte Lindner. "Familienangehörige nachzuholen ist ein Gebot der Humanität. Worauf wir achten müssen, ist, dass es diese Schleuserkriminalität nicht gibt." Ein einheitliches europäisches Registrierungssystem für Flüchtlinge und deren Familien könnte Schleppern das Handwerk legen.

(felt/REU/dpa/AFP)
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