Salvini tobt Sea-Watch-Kapitänin Rackete kommt frei - „großer Sieg für die Solidarität"

Lampedusa · Ein italienischer Ermittlungsrichter hob den Hausarrest gegen die 31-jährige Carola Rackete wieder auf. Außenminister Heiko Maas begrüßt die Entscheidung.

Hier wird Kapitänin Carola Rackete festgenommen
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Hier wird „Sea Watch 3“-Kapitänin Carola Rackete festgenommen

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Foto: dpa/Till M. Egen

Die deutsche "Sea-Watch 3"-Kapitänin Carola Rackete hat sich "erleichtert" über ihre von der italienischen Justiz angeordnete Freilassung gezeigt. In einer Stellungnahme sprach die 31-Jährige am Dienstagabend von einem "großen Sieg für die Solidarität" mit allen Migranten, Flüchtenden und Asylsuchenden. Es sei auch ein Sieg "gegen die Kriminalisierung" von Helfern in vielen Ländern Europas.

Rackete zeigte sich "berührt" über die Solidarität, die sie erfahren hatte. Zugleich würdigte sie den Einsatz der gesamten Schiffscrew: "Obwohl die Aufmerksamkeit auf mich gerichtet ist, haben wir als Team die Menschen gerettet, uns um sie gekümmert und sie in Sicherheit gebracht."

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat die Entscheidung begrüßt. „Über die heutige Entscheidung des italienischen Untersuchungsgerichts, Carola Rackete freizulassen, bin ich erleichtert“, sagte Maas unserer Redaktion. „Ich hoffe, dass die Vorwürfe gegen Frau Rackete nun rasch in den dafür vorgesehenen Verfahren geklärt werden.“ Menschenleben zu retten sei keine Straftat, sondern ein humanitärer Akt. „Der Fall der ,Sea Watch 3’ macht noch einmal auf dramatische Weise deutlich, dass wir endlich eine europäische Lösung für die Verteilung von Flüchtlingen brauchen, bei der alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ihren Beitrag leisten“, sagte Maas

Zuvor hatte eine italienische Richterin die Festnahme der Kapitänin für ungültig erklärt und den gegen die 31-Jährige verhängten Hausarrest aufgehoben. Nach Angaben von Sea-Watch argumentierte die Ermittlungsrichterin, die Kapitänin habe "in Erfüllung einer Pflicht" gehandelt und keine andere Wahl gehabt, als die Flüchtlinge nach Italien zu bringen. Ein umstrittenes Sicherheitsdekret der italienischen Regierung, das gewissen Schiffen die Fahrt in italienische Hoheitsgewässer verbietet, dürfe zudem nicht auf Rettungsaktionen angewendet werden.

Schließlich könne das Polizeischiff, gegen das die "Sea-Watch 3" im Hafen der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa gestoßen war, nicht als Kriegsschiff betrachtet werden. Die Justiz hatte der Kapitänin Widerstand gegen ein Kriegsschiff vorgeworfen, worauf bis zu zehn Jahre Haft stehen. Staatsanwalt Luigi Patronaggio kündigte am Dienstag an, mögliche Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Ermittlungsrichterin zu prüfen.

Rackete wird in einem getrennten Verfahren auch Beihilfe zur illegalen Einwanderung vorgeworfen. Darüber soll es bei einer weiteren Anhörung am 9. Juli gehen.

Rackete war in der Nacht zum Samstag festgenommen und unter Hausarrest gestellt worden, nachdem sie ihr Schiff mit zuletzt noch 40 Migranten an Bord trotz des Verbots der italienischen Behörden in den Hafen von Lampedusa gesteuert hatte. Dabei stieß die "Sea-Watch 3" gegen ein Schnellboot der Polizei, das das Schiff am Anlegen hindern wollte.

Italiens Innenminister Matteo Salvini reagierte erbost auf den Richterspruch und kündigte die Ausweisung Racketes an. "Diese arme Frau hat nur versucht, fünf italienische Soldaten zu töten", sagte der Politiker der fremdenfeindlichen Lega-Partei in einem Facebook-Video. "Ich bin sprachlos. Was muss man machen, um in Italien ins Gefängnis zu kommen?"

Er wolle Rackete nun nach Deutschland ausweisen lassen, da sie "die nationale Sicherheit gefährdet", sagte Salvini. Über die Abschiebung muss jedoch noch die italienische Justiz entscheiden. Im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb Salvini: "Sie wird in ihr Deutschland zurückkehren, wo sie nicht so tolerant mit einer Italienerin wären, wenn sie das Leben von deutschen Polizisten in Gefahr gebracht hätte."

(jd/lukra/dpa/AFP)
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