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Brüsseler Triple-Gipfel Der Westen formiert sich neu

Meinung · In Brüssel läuft die Woche, in der sich der Westen neu formiert. EU, G7 und Nato rufen zu Gipfeltreffen. Es soll der Schulterschluss gegenüber Angriffskrieger Putin demonstriert werden. Aber es gibt Brüche, und Deutschland ist daran nicht unschuldig.

 EU-Kommisionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden beim EU-USA-Gipfel im Juni letzten Jahres in Brüssel.

EU-Kommisionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden beim EU-USA-Gipfel im Juni letzten Jahres in Brüssel.

Foto: dpa/Francisco Seco

Äußerlich präsentiert sich der Westen in dieser Woche so geeint wie selten. Wenn am Donnerstag gleich drei Gipfeltreffen über die Brüsseler Bühne gehen, sind die EU-Staaten nicht allein unter sich. US-Präsident Joe Biden unterstreicht das Unterhaken in Kriegszeiten, indem er an Nato-, G7- und EU-Gipfel gleichermaßen teilnimmt. Zumindest zweimal ist auch Briten-Premier Boris Johnson in der EU-Metropole wieder dabei, und das Europa-Parlament empfängt den kanadischen Regierungschef Justin Trudeau.

In dieselbe Richtung transatlantischen Zusammenrückens weisen die nachgeschärften Strategien. Die Nato arbeitet in ihr strategisches Konzept eine immens verstärkte Präsenz in Europa ein, die EU betont in ihrem strategischen Kompass die besondere Rolle der Nato. Mag die EU auch eine 5000 Kräfte starke Schnelle Eingreiftruppe aufbauen - sie beschränkt sich damit aufs Retten, Evakuieren und Stabilisieren. Zur glaubwürdigen Abschreckung hat sie die Nato. Die von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron ausgegebene strategische Autonomie Europas erinnerte nur für kurze Zeit an die alten Frontstellungen zwischen Gaullisten und Atlantikern, also um die Frage von Vorrang für Paris oder für Washington. Der Angriffskrieg Russlands hat auch das zur Nebensache werden lassen. Eine kriegslüsterne, imperialistische Atommacht lässt die Gegner die Reihen schließen. Der Kompass der EU zeigt nicht nach Norden, er richtet sich am Osten aus.

Doch so stabil und geschlossen, wie der neue Westen nach außen auftritt, ist er im Innern nicht. Am Montag wollten zehn EU-Außenminister bei ihrem Treffen in Brüssel der Ukraine so schnell wie möglich den Beitrittsstatus verleihen. Mehr als die Hälfte der EU steht nicht dahinter, bleibt bei den Bedenken. Das ist einem so mutigen wie verzweifelten Volk, das erklärtermaßen ihr Leben auch für die europäischen Werte zu opfern bereit ist, schwer zu vermitteln. Mag der Weg in die EU für die Ukraine auch noch lang sein angesichts Tausender anzupassender nationaler Regelungen - wer wenn nicht die Ukrainer hätten einen Platz auf der Aufnahmebank verdient? Die Türkei sitzt seit zwei Jahrzehnten dort. Die wachsenden Kriegsgefahren auf dem Balkan müssten die EU eigentlich gelehrt haben, welche Dynamik sich aus Frust über Brüsseler Desinteresse entwickeln kann.

Bei den zunehmenden Forderungen, mit einem Öl- und Gas-Embargo Putin die Refinanzierung des Krieges zu nehmen, tun sich die nächsten Differenzen auf. Angesichts der Krim-Annexion eine weitere Gaspipeline zu bauen und die eigenen Gasreserven in die Hände von Tochterfirmen russischer Konzerne zu geben - damit sandte Deutschland an Putin letztlich das Signal, bei seinen Eroberungs- und Annexionsplänen freie Hand zu haben. Und selbst Russlands himmelschreiende Brutalität mit täglich neuen verheerenden Kriegsverbrechen bringen Deutschland noch nicht zu einer entschiedenen Kehrtwende. Die baltischen Staaten enttäuscht das sehr; sie vermissen gerade hier mehr Europa.

Schließlich sind da die unterschiedlichen Einschätzungen, wie es in der Ukraine weitergeht. Teile des Westens sehen Anzeichen für einen biblischen Ausgang wie im Kampf von David gegen Goliath. Andere fürchten, dass Putin unter großen Verlusten langsam aber stetig vorankommt - wie ein Python selbst große Gegner erwürgt. Gleichzeitig steigt die Nervosität bei der Frage, ob die Ausweitung des Krieges wirklich verhindert werden kann.

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