Sechs-Punkte-Plan gegen die Krise Berlin bereitet Wachstumspakt vor

Berlin · Die Bundesregierung will im EU-Rat angeblich Sonderwirtschaftszonen in den Euro-Krisenländern vorschlagen. Der Sechs-Punkte-Plan für einen Wachstums- und Investitionspakt sieht auch Privatisierungsbehörden und Arbeitsmarktreformen vor. Ein Euro-Austritt Griechenlands rückt näher.

EU-Sondergipfel in Brüssel
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Die Bundesregierung arbeitet unter Hochdruck an einem Konzept für einen Wachstums- und Investitionspakt für Europa, der den EU-Fiskalpakt ergänzen soll. In dem Konzept enthalten sei auch der Vorschlag, in den Krisenländern der Euro-Zone Sonderwirtschaftszonen einzurichten, wie sie etwa China zur Förderung strukturschwacher Regionen genutzt hatte, berichtete der "Spiegel".

Mit Steuervorteilen, günstigeren Einfuhrzöllen oder weniger strengen Regulierungen in diesen Sonderzonen könnten etwa Griechenland oder Portugal mehr ausländische Investitionen anlocken. Regierungssprecher Steffen Seibert wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren. Das Bundesfinanzministerium gab zu bedenken, dass Steuer- oder Zollvorteile in einzelnen Regionen kaum realisierbar seien, weil sie gegen europäisches Beihilferecht verstießen.

Möglich sind aber spezielle industriepolitische Konzepte zur Förderung einzelner europäischer Regionen wie etwa beim Aufbau Ost in Deutschland. Hier werden für Firmenansiedlungen noch heute staatliche Investitionszulagen und Zuschüsse gewährt, die von der EU-Kommission gebilligt wurden.

Rösler soll Vorschlag ausarbeiten

Unter Federführung von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) soll bis zum 13. Juni ein deutscher Vorschlag für den EU-Wachstumspakt entstehen. An diesem Tag will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erneut mit den Spitzen von SPD und Grünen zusammentreffen, um deren Zustimmung zum EU-Fiskalpakt zu erreichen. Der Fiskalpakt, dem 25 von 27 EU-Staaten zugestimmt haben, sieht vor, dass die Länder bis 2014 Schuldenbremsen einführen.

Europa braucht mehr nachhaltiges Wachstum. Ein solches Wachstum lässt sich nicht über noch höhere Staatsdefizite, Staatseingriffe und auch nicht über eine zu expansive Geldpolitik erkaufen", sagte Rösler unserer Redaktion. "Stattdessen setzen wir auf Strukturreformen und auf Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit und für Investitionen", so Rösler weiter.

Merkel braucht die Stimmen von SPD und Grünen, weil der Fiskalpakt nur mit Zweidrittelmehrheiten im Bundestag und Bundesrat ratifiziert werden kann. SPD und Grüne machen den Wachstumspakt zur Bedingung für ihre Zustimmung. Für eine solche Vereinbarung zur intensiveren Wachstumsförderung, die auch vom französischen Präsidenten François Hollande gefordert wird, kursieren in der Bundesregierung bereits unterschiedliche Papiere.

Fünf-Seiten-Papier aus dem Wirtschaftsministerium

Ein Fünf-Seiten-Papier aus dem Wirtschaftsministerium, das unserer Redaktion vorliegt, trägt den Titel "Mehr Wachstum für Europa. Beschäftigung — Investitionen — Innovationen". Darin betonen Röslers Beamte, dass sich nachhaltiges Wachstum nicht durch immer höhere Staatsdefizite, sondern nur durch Reformen am Arbeitsmarkt und in den Sozialsystemen erzielen lasse.

"Dazu gehört, die Lohnfindungssysteme zu denzentralisieren, die Effizienz der Arbeitsvermittlung zu verbessern, das Renteneintrittsalter an die gestiegene Lebenserwartung anzupassen und die Beschäftigungsverhältnisse insgesamt flexibler und situationsgerechter zu gestalten", heißt es in dem Papier.

Allerdings will auch Rösler das Eigenkapital der Europäischen Investitionsbank (EIB) um zehn Milliarden Euro erhöhen. "Dies setzt zusätzliche Kreditmittel der EIB in Höhe von bis zu 80 Milliarden Euro frei." Die Mittel sollten auf Forschungsausgaben und den Ausbau transeuropäischer Netze konzentriert werden.

Die Schuldenkrise im Euro-Raum spitzt sich unterdessen weiter zu. Neue Probleme im hoch verschuldeten Spanien haben die europäischen Börsen gestern stark belastet. Marktteilnehmer verwiesen auf den Ruf Kataloniens nach weiteren Finanzhilfen der spanischen Zentralregierung. Kursverluste gab es auch, nachdem gestreut wurde, französische Banken würden sich auf den Euro-Austritt Griechenlands vorbereiten.

(RP/felt/pst/csi)
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