Streit um Eurobonds Barroso ist sauer auf Merkel

Berlin · Die EU-Kommission hat am Mittwoch als "Denkanstöße" drei Modelle für die umstrittenen Eurobonds vorgelegt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in den vergangenen Tagen immer wieder die Einführung des Finanzinstrumentes abgelehnt. Der Streit in Brüssel eskaliert.

Nach der Kritik von Merkel an seinen Euro-Bonds-Ideen schlägt EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zurück: Es fehle der "angemessene Respekt vor den europäischen Instituten", wenn eine Regierung eine Debatte abwürgen wolle, sagte Barroso. Zumal er seine Vorschläge erst am Mittwoch vorgelegt habe. Merkel hatte bereits am Dienstag die Diskussion über gemeinsame Anleihen der Eurozone abzubügeln versucht. Dass Merkel wirklich bei ihrer Blockade bleibe, davon zeigte sich Barroso keinesfalls überzeugt. Er verwies auf den inzwischen aufgegebenen Widerstand Berlins gegen einen stärkeren und flexibleren Rettungsschirm EFSF. "Manchmal ist die Realität ein großartiger Lehrer", sagte Barroso.

Wie funktionieren die Eurobonds?

Die Europäische Kommission sieht in Eurobonds ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung der Schuldenkrise. Alle Euro-Staaten sollen gemeinsame Staatsanleihen herausgeben, damit die Zinsen für die hoch verschuldeten Staaten sinken und die Krise sich nicht weiter verschärft.

Ziel von Eurobonds ist es, die Zinslast für hoch verschuldete Staaten zu senken und sie vor Spekulationen zu schützen, die zu einer Spirale steigender Zinsen führen können. Geben alle Euro-Staaten gemeinsame Anleihen aus, wird das Risiko unter den Ländern mit der Gemeinschaftswährung geteilt. Da dann auch die Länder mit einer hohen Kreditwürdigkeit wie Deutschland haften, dürften die Zinsen für Eurobonds deutlich niedriger sein als für die derzeitigen Anleihen der Schuldenstaaten. Diese kämen also wieder günstiger an Geld. Die Europäische Kommission nennt Eurobonds "Stabilitätsanleihen", denn sie könnten nach Meinung der Behörde schon kurzfristig "die Spannungen auf dem Anleihenmarkt mindern".

Wie stellt sich die EU-Kommission gemeinsame Anleihen vor?

Die Kommission schlägt drei Modelle vor. Das erste Modell ist das weitgehendste, der Behörde zufolge aber auch wirksamste: Eurobonds würden die Anleihen der Einzelstaaten komplett ersetzen, alle Euro-Staaten müssten für die Papiere gemeinsam haften. Im zweiten Modell würden Eurobonds bis zu einer bestimmten Höhe ausgegeben, ihren restlichen Finanzierungsbedarf müssten die Staaten weiterhin über eigene Anleihen decken. Auch hier würden alle Euro-Staaten gemeinsam für die Eurobonds haften. Im dritten Modell würden die Staaten ebenfalls nur einen Teil ihrer neuen Schulden per Eurobonds decken. Die Euro-Staaten würden nicht alle gemeinsam für die Schuldpapiere haften, sondern jedes Land gäbe nur eine anteilige Haftungserklärung ab.

Wie könnte das konkret umgesetzt werden?

Die Details der Umsetzung müssen noch geklärt werden. Der Analyse der Kommission zufolge müssten für die beiden ersten Modelle die EU-Verträge geändert werden müssten, für den dritten Ansatz wäre das demnach wegen der anteiligen Haftung nicht nötig. Das dritte Modell könnte auch am schnellsten umgesetzt werden. Die Euro-Staaten müssten daher eine Entscheidung fällen, ob sie schnell und einfach handeln wollten - oder ob sie den komplizierteren, aber möglicherweise effektiveren Weg beschreiten.

Was würden Eurobonds Deutschland kosten?

Schwer zu sagen. Höchstwahrscheinlich steigt der Zinssatz für Deutschland, wenn die Bundesrepublik neue Staatsanleihen ausgibt. Für alte Schuldpapiere ändert sich nichts. Experten rechnen für Deutschland mit einem 0,5 bis zwei Prozentpunkte höheren Zinssatz. Dieses Jahr etwa will Deutschland auf dem Kapitalmarkt rund 181 Milliarden Euro aufnehmen. Wären alle diese Papiere Eurobonds und läge der Zinssatz 2,0 Prozent höher kämen auf Deutschland Extrakosten von 3,6 Milliarden Euro im ersten Jahr zu. Schwer zu berechnen ist auch, wie viel Geld Deutschland sparen würde, wenn durch Eurobonds nicht mehr immer neue Rettungspakete nötig würden.

Welche Bedenken gibt es gegen Eurobonds?

Kritiker befürchten, dass Schuldenstaaten sich auf den für sie bequemen Eurobonds ausruhen könnten, anstatt sich selbst um einen ausgeglichenen Haushalt und somit niedrige Zinsen zu bemühen. Diese Bedenken greift die Kommission auf: "Jede Form von Stabilitätsanleihen müsste als Gegenstück von einer substanziell verstärkten Haushaltsüberwachung und politischer Koordination begleitet werden." Schuldenstaaten könnte dann sogar eine Art Zwangsverwaltung der EU drohen.

(AFP)
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