Spanien beschließt neue Sparmaßnahmen Ausschreitungen bei Protesten in Madrid

Madrid · Im Kampf gegen die drückende Schuldenlast des Landes hat die spanische Regierung am Freitag weitere Sparmaßnahmen beschlossen. Mit den jüngsten Steuererhöhungen und Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst will man bis 2015 rund 65 Milliarden Euro einsparen. Die Bürger wehren sich gegen die Daumenschrauben.

Juli 2012: Spanier protestieren gegen Sparmaßnahmen der Regierung
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Juli 2012: Spanier protestieren gegen Sparmaßnahmen der Regierung

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"Spanien erlebt einen seiner dramatischsten Momente", sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría nach der Kabinettssitzung am Freitag.

Die Sparmaßnahmen seien "weder einfach, noch leicht, noch populär", aber die Regierung versuche, sie "mit größtmöglicher Gerechtigkeit und Gleichheit" umzusetzen. So sollen im Öffentlichen Dienst künftig nur noch 13 Monatsgehälter jährlich statt wie bisher 14 gezahlt werden. Bereits 2010 waren die Gehälter um fünf Prozent reduziert worden.

Ausschreitungen in Madrid

Die Sitzung wurde begleitet von massiven Protesten in Madrid. Tausende Demonstranten gingen auf die Straße und protestierten teils mit schwarzer Trauerkleidung gegen die neuen Sparmaßnahmen der spanischen Regierung.

Arbeiter blockierten zudem Straßen und Bahngleise in Madrid. Der Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy warfen die Demonstranten vor, ihre Sparmaßnahmen belasteten die einfachen Leute weit mehr als die Banker und Politiker, die doch an der Misere schuld seien. Mitarbeiter des lokalen öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TeleMadrid blockierten am Stadtrand eine Autobahn. Selbst einige Polizisten schlossen sich den Protesten an.

"Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben die erste Sparrunde mitgetragen, weil wir Solidarität zeigen wollten", sagte ein Krankenpfleger. "Aber jetzt ist die Grenze erreicht. Es kann nicht sein, dass es immer wieder dieselben Leute sind, die die Zeche zahlen sollen."

Die nicht autorisierten Demos wurden in sozialen Netzwerken organisiert, wie die spanische Zeitung "El Mundo" berichtet. Hauptprotagonisten der Proteste waren viele Angestellte des öffentlichen Dienstes, die von den Kürzungen betroffen sind.

Die ersten Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei ereigneten sich in der Nähe des Parteizentrale der Sozialisten. Im Laufe des Abends kam es zu weiteren Zusammenstößen. Neun Menschen wurden festgenommen.

Eine Madrider Regierungsvertreterin wurde von Demonstranten verfolgt und mit Rücktritt-Rufen bedrängt und suchte Schutz in einem Restaurant.

In Valencia protestierten einige Hundert Angestellte des Justizministeriums. "Die Regierung sollte sich an die großen Unternehmen halten, die keine Steuern zahlen, und an die Banker, die betrügen und das Land zugrunde richten", sagte der Kommunalbeamte Pablo Gonzalez in Madrid. "Stattdessen müssen wir zahlen."

Weidmann: Spanien muss unter Rettungsschirm

Nach Ansicht von Bundesbankpräsident Jens Weidmann muss der spanische Staat unter einen Euro-Rettungsschirm schlüpfen. Das Land dürfe nicht allein um Finanzhilfen für seinen Bankensektor bitten, sagte Weidmann der "Börsen-Zeitung" (Samstagausgabe). "Bankbilanzen sind immer auch ein Spiegel der Gesamtwirtschaft". Die hohe Arbeitslosigkeit zeige, dass es in Spanien einen erheblichen Handlungsbedarf gebe, sagte Weidmann weiter. "Auch auf den Anleihemarkt würde es sich positiv auswirken, wenn die Investoren sähen, dass die Auflagen des Hilfsprogramms über den Bankensektor hinausreichen", erläuterte er.

(APD)
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