Griechenland-Poker Angela Merkel stellt Alexis Tsipras vor die Wahl

Meinung | Düsseldorf · Beim EU-Gipfel sind sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras das erste Mal begegnet. Nach anfänglicher Blockade-Haltung der Griechen gibt es nun Kompromisssignale.

Ein kräftiger Händedruck, ein freundliches Gespräch — die erste Begegnung zwischen dem neuen griechischen Premier Alexis Tsipras und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Beziehungen zwischen dem Hauptgläubigerland und dem Schuldenstaat gespannt sind. Immerhin verhandeln beide Seiten.

Zu Hause kann sich Griechenlands starker Mann Tsipras über mangelnde Unterstützung nicht beklagen. Rund 80 Prozent der Hellenen sind mit der Arbeit der neuen Links-Regierung zufrieden. Kein Wunder, denn der Führer des linkspopulistischen Syriza-Bündnisses hat fast jeder gebeutelten Bevölkerungsgruppe etwas versprochen: die angeblich zu Unrecht entlassenen Beamten sollen wiedereingestellt werden, der Staatsrundfunk ERT wieder auf Sendung gehen.

Für die Kinder der Besatzungsopfer der NS-Okkupation soll es Entschädigungen aus Deutschland geben. Statt Steuern zu zahlen, sollen die Kinderreichen wieder Geld vom Staat bekommen. Dazu soll der Mindestlohn steigen, die Rentenabschläge fallen, die Krankenhäuser für die Behandlung von Armen wieder Zuschüsse bekommen. Mit einem solchen Programm schafft man sich Freunde.

Alexis Tsipras - selbsternannter Retter Griechenlands
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Das ist Alexis Tsipras

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Foto: dpa, sp ase tba

Die offene Frage der Finanzierung

Unklar bleibt aber, wie Tsipras das alles finanzieren will. Mit der Troika will er nicht mehr verhandeln. Das heißt aber, dass es ab 1. März kein Geld von den internationalen Kreditgebern mehr gibt. Die Euro-Gruppe hat dem griechischen Finanzminister Giannis Varoufakis unmissverständlich klargemacht, dass Verträge mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds nicht einseitig gekündigt werden können. Und die Europäische Zentralbank wird griechische Staatsanleihen nach dem Rauswurf der Troika nicht mehr als Sicherheiten akzeptieren. Dann können sich griechische Banken erst einmal kein frisches Geld mehr beschaffen.

Tsipras kann sich noch ein wenig im Glanz der Umfragen sonnen. Aber gegen Ende Februar dürfte es für ihn eng werden. Das muss ihm klar sein, denn für sein umfangreiches Sozialprogramm wird er von den internationalen Kreditgebern nichts bekommen. Er könnte zwar — ganz schlau — es darauf ankommen lassen und die Kredite einfach nicht bedienen. Da der griechische Haushalt dank des bisherigen eher halbherzigen Sparkurses ohne Zinsbelastung Überschüsse erzielt, hätte er sogar Geld in der Kasse.

Aber ein solches Verhalten wäre riskant. Denn die Partner hätten zum einen Grund, Griechenland aus der Eurozone zu entlassen. Wer nämlich seine Verpflichtungen nicht einhält, riskiert den automatischen Ausschluss. Selbst wenn ihn die Partner vor diesem Automatismus bewahren, könnte der Überschuss schnell aufgebraucht sein. Denn Sozialprogramme haben es an sich, schnell ins Uferlose zu wachsen und den Haushalt zu ruinieren.

Ein Kompromiss ist nötig

Deshalb müssen Tsipras und die Eurogruppe einen Kompromiss finden. Griechenland braucht eine Verlängerung des Kreditprogramms und sollte Erleichterungen beim Schuldendienst erhalten. Für seine Sozialprogramme muss sich Tsipras indes neue Einnahmequellen erschließen. Wenn er die Reichen unter seinen Bürgern stärker als bisher zur Kasse bittet, umso besser.

Dass die Steuerzahler Deutschlands, aber auch der Krisenländer Irland und Portugal, die Hilfsprogramme für arme Griechen bezahlen, während die reichen ihr Geld in London oder der Karibik verjubeln, ist schwer einzusehen.

(kes)
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