EU-Kommissionspräsident Merkel spricht sich offen für Juncker aus

Regensburg · Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich erstmals offen für den Europawahl-Sieger Jean-Claude Juncker als neuen EU-Kommissionspräsidenten ausgesprochen. Unmittelbar nach der Wahl hatte die Kanzlerin das noch vermieden, geriet damit jedoch zusehends unter Druck.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht auf dem Katholikentag.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht auf dem Katholikentag.

Foto: dpa, awe cul

"Deshalb führe ich jetzt alle Gespräche genau in diesem Geiste, dass Jean-Claude Juncker auch Präsident der Europäischen Kommission werden sollte", sagte Merkel am Freitag auf dem Katholikentag in Regensburg.

Bisher hatte Merkel nach der Europawahl vom 25. Mai eine ausdrückliche Festlegung auf den luxemburgischen Christsozialen vermieden. Die Regierungschefin und CDU-Vorsitzende nahm in Regensburg an einer Diskussionsrunde "Hat die Welt noch einen Platz für Europa?" teil.

Dass Merkel sich nun doch entschlossen hat, Juncker öffentlich den Rücken zu stärken, ist vermutlich auf den wachsenden öffentlichen Druck zurückzuführen. Nicht nur den des Regierungspartners SPD und des EU-Parlaments. Beide hatten klipp und klar eingefordert, dass nur ein öffentlich im Wahlkampf aufgetretener Spitzenkandidat auch EU-Chef werden dürfe. Für viel Aufsehen sorgte zuletzt auch die ungewohnt offene Kritik des ARD-EU-Korrespondenten Rolf-Dieter Krause, der Merkel Dummheit und Betrug am Wählerwillen vorwarf.

Die schwierige Auswahl des nächsten EU-Kommissionspräsidenten drohte zunehmend, tiefe Kratzer am Image der Europa-Kanzlerin zu hinterlassen.

Merkel wollte sich wie üblich Zeit lassen. Sie hatte damit zu kämpfen, dass auf europäischer Ebene kompliziert viele Akteure bei der Besetzung mitreden wollen. Allein 28 EU-Staats- und Regierungschefs sowie das Europäische Parlament unter einen Hut zu bekommen, kann sich als unlösbare Aufgabe erweisen.

Und mit dem britischen Premierminister David Cameron gibt es zumindest einen Mitspieler, der bei der Europawahl innenpolitisch derart von den Europa-Gegnern der Ukip-Partei angeschossen wurde, dass er ein Kandidat für Fundamentalopposition ist. Vorsorglich hat er sowohl Jean-Claude Juncker und Martin Schulz, die beiden Spitzenkandidaten der Konservativen und Sozialisten bei der Europawahl, als Kommissionspräsidenten abgelehnt. Nun sucht er fleißig nach Verbündeten unter den anderen 27 EU-Regierungen.

Ein weiteres Problem: Merkel war von Anfang an selbst skeptisch, dass einer der Spitzenkandidaten der Europawahl automatisch Kommissionspräsident werden sollte. Aber je näher die Wahl rückte, desto mehr wurde die Verbindung 'Spitzenkandidat-Kommissionspräsident' gerade in Deutschland zu einem Lackmustest für die europäische Demokratie hochstilisiert.

"Deshalb hat Merkel jetzt eigentlich nur noch zwei schlechte Optionen", sagte zuletzt ein EU-Diplomat. "Entweder sie verärgert die Parteienfamilien, weil sie Juncker fallenlässt. Oder aber sie verärgert einige EU-Partner, wenn sie Juncker gegen deren Bedenken durchkämpfen sollte."

Auch Merkel warnte bereits vor den Konsequenzen. "Wir müssen dafür sorgen, dass wir in diesem Rat wirklich gut miteinander zusammenarbeiten können", mahnte sie. Dies sei gerade in Krisenzeiten wichtig.

(dpa REU)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort