Schuldenstreit mit Griechenland "Wir werden heute den Brief schicken"

Berlin · Die Zeit für Griechenland läuft ab. Mit ihren radikalen Forderungen stößt die Regierung von Alexis Tsipras vor allem bei Finanzminister Schäuble auf Granit. Im "heute-journal" zeigt sich der CDU-Politiker regelrecht erzürnt. Noch an diesem Mittwoch erwartet Brüssel einen Antrag auf neue Hilfskredite.

Alexis Tsipras - selbsternannter Retter Griechenlands
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Foto: dpa, sp ase tba

Die europäischen Geldgeber warten am Mittwoch mit Spannung auf den angekündigten Antrag des Landes auf eine Verlängerung des Hilfsprogramms. Regierungssprecher Gavriil Sakellarides bekräftigte am Mittwoch im griechischen Fernsehen: "Wir werden heute den Brief schicken." Das Schreiben gehe an Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Allerdings blieb die entscheidende Frage weiter unklar, ob Griechenland die bisher vereinbarten Auflagen der internationalen Geldgeber akzeptiert.

Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis sagte am Mittwoch dem Sender "Antenna TV" in Athen: "Lassen sie uns heute auf einen Antrag zur Verlängerung des Kreditabkommens warten, den Finanzminister Yanis Varoufakis stellen wird", sagte er. Es liefen Beratungen, um eine gemeinsame Basis für den Antrag zu finden. "Wir glauben, dass wir auf einem guten Weg sind", sagte er. Ungewiss blieb jedoch, ob die Euro-Partner sich mit dem angekündigten Antrag aus Athen zufriedengeben.

Ebenfalls am Mittwoch dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) über die bisher genehmigten Notfallkredite von bisher 65 Milliarden Euro für die griechische Kreditwirtschaft beraten.

An den Börsen wurden die Zeichen aus Athen positiv aufgenommen: Der S&P-500-Index knackte in New York anschließend erstmals kurzzeitig die Marke von 2100 Punkten.

Im Ungefähren

Details blieben aber unklar. Noch am Dienstagabend hieß es aus Athen, eine Verlängerung des Sparprogramms werde "erwogen", wenn sich die Auflagen dafür "klar" von dem sogenannten Memorandum des auslaufenden Programms unterschieden. Dem griechischen Fernsehen zufolge soll die Verlängerung für sechs Monate gelten.

Wie die griechischen Medien weiter berichteten, wird Athen den Europartnern versprechen, keine Maßnahmen zu treffen, die zu zusätzlichen Defiziten führen. Athen sei zudem offen, weitere Zugeständnisse zu machen.

"Athen verzockt sich"

Nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist Athen im Streit mit den anderen Eurostaaten auf dem besten Weg, sich "zu verzocken". In einem vorab veröffentlichten Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch) sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher, die Regierung in Athen sitze am kürzeren Hebel. "Sie kann Europa nicht erpressen." Er sei aber optimistisch, dass in den kommenden Tagen zumindest eine Verlängerung des gegenwärtigen Hilfsprogramms beschlossen werde.

"Dies kauft der griechischen Regierung jedoch lediglich Zeit, löst aber die grundlegenden Probleme nicht," sagte er. Griechenland steht nach seinen Worten am wirtschaftlichen Abgrund: "Wenn nicht schnell eine Lösung gefunden wird, dann ist die Wahrscheinlichkeit einer tiefen Finanzkrise im Land groß. Dies würde die Wirtschaft wieder tief in die Krise stürzen, die Arbeitslosigkeit würde steigen und die Einkommen würden weiter sinken."

Schäuble zieht in Interviews vom Leder

Auf die Ankündigung eines neuen Hilfsantrages reagierte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble noch am Dienstagabend mit großer Zurückhaltung. "Bei mir ist nichts angekommen", sagte Schäuble dazu in den ARD-"Tagesthemen". Sollte die neue griechische Regierung aber einen konkreten Vorschlag machen, dann müsse dies "etwa Verlässliches, Belastbares sein, sonst macht das Ganze keinen Sinn". "Einfach zu sagen, wir brauchen jetzt wieder mehr Geld und wir tun gar nichts mehr, und andere dann beschimpfen, das geht überhaupt nicht".

Im ZDF "heute-journal" zeigte sich Schäuble über Griechenlands neuen Ministerpräsidenten Tsipras und seine Regierung regelrecht erzürnt. "Jetzt wird das Volk mit falschen Versprechen aufgewiegelt", sagte er. Zudem würden "Hoffnungen gemacht und zugleich wird erzählt, andere seien an den Problemen Schuld." Das habe mit der Wahrheit wenig zu tun. Diese bestehe darin, dass es in einer so schweren Krise, wie sie Griechenland erlebe, keinen schnellen Weg gebe. "Sondern es gibt einen langen, anstrengenden Weg der Erholung, der Besserung."

Ohne eine rasche Einigung droht Griechenland eine dramatische Verschlechterung seiner Finanzlage bis hin zur Staatspleite. Eine wichtige Entscheidung steht bei der EZB an. Sie berät darüber, ob sie die Notfallkredite von bisher 65 Milliarden Euro für die griechischen Banken weiter bewilligt. Die Hellas-Banken geraten zunehmend unter Druck, da griechische Sparer angesichts der Unsicherheiten viel Geld von ihren Bankkonten abziehen.

(REU dpa)
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