Europas Kampf gegen die Krise 130 Milliarden Euro für mehr Wachstum

Rom · Eine Woche vor dem nächsten Gipfeltreffen hat die Europäische Union am Freitag weitere Weichen im Kampf gegen die Finanzkrise gestellt. Während sich bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer ein Voranschreiten einer Kerngruppe von Staaten abzeichnet, streben die vier führenden Volkswirtschaften ein EU-Wachstumspaket von 130 Milliarden Euro an. Im Streit um den Rettungsfonds ESM in Deutschland reagierte die Bundesregierung gelassen.

Europas Kampf gegen die Krise: 130 Milliarden Euro für mehr Wachstum
Foto: dapd, Lionel Bonaventure

Bei einem Treffen der EU-Finanzminister in Luxemburg konnte keine Einigkeit über die Einführung einer unionsweiten Finanztransaktionssteuer erzielt werden. Das Vorhaben scheiterte vor allem an Schweden und Großbritannien. Damit ist der Weg für das Voranschreiten einer Staatengruppe frei: Neben Deutschland sind Österreich, Frankreich, Belgien, Portugal, Spanien und Slowenien dazu bereit. Auch Griechenland, Malta, die Slowakei und Estland zeigten sich offen.

 Demonstrierten Entschlossenheit: Angela Merkel, Mario Monti.

Demonstrierten Entschlossenheit: Angela Merkel, Mario Monti.

Foto: dpa, Claudio Peri

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in Luxemburg, die Uneinigkeit sei "schade, aber eine Realität". "Auf der anderen Seite gibt es eine Anzahl von Mitgliedsländern, darunter Deutschland, die das Projekt im Grundsatz unterstützen", fügte er hinzu. Schäuble forderte, die Einführung der Steuer im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit zu prüfen. Dieses Instrument kann greifen, wenn mindestens neun Mitgliedsländer voranschreiten wollen.

Bei einem Treffen in Rom unterstützten die vier führenden EU-Wirtschaftsnationen die Steuer ausdrücklich. "Die Finanzmärkte sind noch nicht ausreichend beteiligt", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Blick auf die Kosten der Finanzkrise nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten François Hollande und den Regierungschefs Italiens und Spaniens, Mario Monti und Mariano Rajoy.

Die Staats- und Regierungschefs sprachen sich in Rom zudem dafür aus, die EU-Wirtschaft mit einem Wachstumspaket von rund 130 Milliarden Euro anzukurbeln. Mit Investitionen im Umfang von einem Prozent des EU-Bruttoinlandsprodukts solle in der Finanzkrise "ein Zeichen" gesetzt werden, sagte Merkel. Hollande forderte für das Paket einen Zeitplan, "der so schnell wie möglich beginnen sollte".
"Was bisher getan wurde", reiche noch nicht aus, bekräftigte Monti.

Das Treffen in Rom diente der Vorbereitung des EU-Gipfels am 28. und 29. Juni in Brüssel. Zum Abschluss forderten die Teilnehmer ein weiteres Zusammenwachsen der EU. "Die Lehre aus der Krise ist nicht weniger Europa, sondern mehr Europa", sagte Merkel. Hollande und Rajoy verlangten als weiteren Schritt eine Bankenunion. Monti kündigte für den EU-Gipfel eine "europäische Agenda" an.

Spaniens Finanzminister Luis De Guindos kündigte an, sein Land werde am Montag den erwarteten Antrag auf EU-Finanzhilfen für die spanischen Krisenbanken stellen. Der Staat wolle zudem Kredite mit mehr als 15 Jahren Laufzeit zu Zinsen von drei bis vier Prozent vergeben. Die Europäische Zentralbank senkte ihre Vorgaben für Sicherheiten, die Banken für Kredite hinterlegen müssen.

Die Bundesregierung rechnet derweil nicht damit, dass der Eurorettungsschirm ESM durch angekündigte Verfassungsklagen geschwächt wird. Die für den kommenden Freitag geplante Verabschiedung der entsprechenden Gesetze sei "ein ganz klares Signal", sagte ein Regierungssprecher. Bundespräsident Joachim Gauck will die Gesetze wegen der geplanten Klagen zunächst nicht unterzeichnen.

(APD)
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