Brüssel EU plant stärkere Kontrollen an Außengrenzen

Brüssel · Als Reaktion auf die Flüchtlingsströme soll die Präsenz der EU-Grenzschutzagentur Frontex im Mittelmeer erhöht werden.

Als Reaktion auf die Flüchtlingstragödie vor Lampedusa will die EU ihre Kontrollen im Mittelmeer verstärken. Eine nach dem Unglück mit mehr als 360 Toten eingesetzte Arbeitsgruppe hat ein Konzept präsentiert. Es sieht eine verstärkte Präsenz der EU-Grenzschutzagentur Frontex im Mittelmeer vor. Dazu sollen die Patrouillen von Zypern bis Spanien besser koordiniert werden. Kostenpunkt: rund 14 Millionen Euro. Ziel ist es, Notleidenden zu helfen und mehr Boote aufzuspüren. Kapitänen soll zudem klar gemacht werden, dass ihnen keine strafrechtlichen Konsequenzen drohen, wenn sie Flüchtlingen in Seenot helfen.

Zudem fordern die Experten mehr Solidarität unter den EU-Ländern. Die Mittelmeerstaaten, in denen besonders viele Flüchtlinge ankommen, sollen bei deren Aufnahme und Versorgung stärker unterstützt werden. Dafür stellt die EU-Kommission 50 Millionen Euro bereit, von denen allein Italien 30 Millionen erhält. Zudem sollen Beamte aus anderen EU-Staaten vor Ort helfen, Asylanträge schnell zu bearbeiten.

Die Mittelmeer-Anrainer verlangen mehr: Sie wollen eine Grundsatzreform jener Regel, wonach das Land, in dem Flüchtlinge erstmals EU-Boden betreten, sie aufnehmen und den Asylantrag prüfen muss. Mehr noch: Flüchtlinge können in dieses Erst-Ankunftsland zurückgeschickt werden, falls sie sich in einen anderen EU-Staat durchschlagen.

Länder wie Deutschland blockieren jedoch einen Kurswechsel, wollen keine festen Verteil- beziehungsweise Aufnahmequoten festlegen. Zudem soll nach dem Plan der Expertengruppe der Kampf gegen Schleuserbanden verschärft werden, etwa durch mehr Ressourcen für die europäische Polizeibehörde Europol und durch Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern. Dies würde Europol zufolge bis zu 400 000 Euro im Jahr erfordern.

Die EU-Innenminister werden diese Woche über die Vorschläge diskutieren. Auf dem EU-Gipfel kurz vor Weihnachten sollen Beschlüsse fallen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte die EU zu einer grundsätzlichen Kehrtwende auf. Die "Abschottungspolitik" gegen Flüchtlinge müsse beendet werden. Erst Anfang der Woche hat das Überwachungssystem Eurosur die Arbeit aufgenommen, das Flüchtlinge auch per Satellit möglichst früh entdecken soll.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich unterstützt zudem die Pläne von EU-Innenkommissarin Cécilia Malmström für ein zentrales elektronisches Ein- und Ausreiseregister mit Personaldaten. Schon drei Jahre nach dem Start sollen sämtliche Ausländer, die nicht dauerhaft im Schengen-Raum leben, bei der Einreise alle zehn Fingerabdrücke hinterlassen müssen – unabhängig davon, ob sie eines Verbrechens verdächtigt werden oder nicht.

(ing)
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