Paris EU-Pakt gegen Jugendarbeitslosigkeit

Paris · Berlin und Paris starten eine milliardenschwere Initiative. Das deutsche Ausbildungssystem gilt als Vorbild für Europa.

Paris: EU-Pakt gegen Jugendarbeitslosigkeit
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Es sind Bilder, wie sie derzeit viele europäische Staaten kennen: In Griechenland, Spanien und Portugal demonstrieren Jugendliche für Jobs und bessere Perspektiven; in Schweden gehen gar Autos in Flammen auf. Vor allem bei jungen Europäern hat die Arbeitslosigkeit vielfach schockierende Ausmaße erreicht. Nahezu sechs Millionen Jugendliche in Europa sind derzeit ohne Job. In den südlichen Krisenstaaten liegt die Quote bei den unter 25-Jährigen sogar über 60 Prozent. Diesem Trend wollen Deutschland und Frankreich nun mit einer neuen Initiative entgegenwirken.

Schon der Titel klingt ehrgeizig: "New Deal for Europe" heißt das deutsch-französische Konzept, das dem Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit neuen Schwung verleihen soll. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) stellten das Vorhaben mit ihren französischen Amtskollegen, Michel Sapin und Pierre Moscovici, bei einer Konferenz in Paris vor. Als "New Deal" ("Neues Spiel") hatte einst US-Präsident Franklin D. Roosevelt seine Wirtschaftsreformen der 1930er Jahre bezeichnet.

"Wir hören heute einen Aufschrei der jungen Generation, die ohne Ausbildung und ohne Arbeit ist", sagte von der Leyen bei der vom Milliardär und Karstadt-Investor Nicolas Berggruen organisierten Tagung zur Zukunft Europas. Dieser Generation müssten wieder Chancen gegeben werden – nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, so die Ministerin, sondern auch, damit sie wieder "leidenschaftlich an Europa denkt und für Europa denkt".

Das Konzept beruht auf Finanzierung und Förderung der dualen Ausbildung sowie mehr Mobilität. Rückgrat der Wirtschaft seien vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die durchaus mehr produzieren und einstellen wollten, aber nur zu "exorbitant hohen Zinsen" an Kredite kämen, sagte von der Leyen. Firmen, die Arbeits- und Ausbildungsplätze für Jugendliche schaffen, soll etwa mit günstigen Krediten der Europäischen Investitionsbank (EIB) geholfen werden, den "Teufelskreis zu durchbrechen".

Die EIB stellt bis 2015 für zinsbegünstigte Kredite insgesamt 60 Milliarden Euro bereit. Zudem sind im EU-Haushalt 2014 bis 2020 sechs Milliarden für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit veranschlagt, darüber hinaus sollen 16 Milliarden Euro der nicht genutzten Mittel aus europäischen Strukturfonds für die Schaffung von Jobs in den Ländern mit der höchsten Arbeitslosigkeit eingesetzt werden.

Zusätzlich soll die Ausbildung verbessert werden. Frankreichs Arbeitsminister Michel Sapin nannte als Vorbild das duale System, das "in Deutschland ein großer Erfolg" sei. Frankreich sei in diesem Punkt im Rückstand. "Dies ist sicherlich auch ein Grund, warum die Arbeitslosigkeit in Deutschland deutlich geringer ist", betonte Sapin. Während die Erwerbslosenrate bei den unter 25-Jährigen diesseits des Rheins mit rund acht Prozent die niedrigste in Europa ist, fällt sie in Frankreich mit 25 Prozent etwa dreimal so hoch aus. Jugendlichen aus Krisenländern soll außerdem beispielsweise durch Sprachkurse und die Erstattung von Reisekosten ermöglicht werden, außerhalb der Heimat eine Lehrstelle anzunehmen.

Ziel der Initiative ist es, allen Jugendlichen spätestens vier Monate nach dem Ausscheiden aus dem Schulsystem eine Beschäftigung, eine Ausbildung oder zumindest ein Praktikum zu verschaffen.

Zuvor hatte Frankreichs Präsident François Hollande in seiner Eröffnungsrede zur Eile gemahnt. "Die Zeit ist der entscheidende Faktor im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit", sagte Hollande, der bereits morgen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gesprächen in Paris empfängt, um die Initiative bis zum EU-Gipfel Ende Juni voranzutreiben. Sapin verwies sogar auf Schiller und forderte in Abwandlung eines der Zitate des deutschen Dichters: "Machen wir, dass unsere Taten ehrgeiziger sind als unsere Worte."

(RP)
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